„Erinnerst du dich?“ von Sydney Smith, Aladin Verlag (2024)
Ein zauberhaftes Bilderbuch über Erinnerungen und innige Familienliebe. Mutter und Sohn liegen nebeneinander und schauen sich an. Gemeinsam erinnern sie sich an besondere Momente in der Vergangenheit.
Wie war es, als der Sohn sein erstes Fahrrad erhielt und zum ersten Mal damit stürzte? Erinnerst Du Dich an das Picknick im Grünen, zu dem wir frische Beeren aßen? Oder als in der stürmischen Nacht das Licht ausfiel?
Die Texte sind farblich unterschiedlich gekennzeichnet. Je nachdem, wer gerade spricht.
Zu Beginn des Buches teilen die beiden schöne Erinnerungen, an eine Zeit, als die Familie noch vollständig war. Denn im Verlauf werden die Rückblenden trauriger. Mutter und Sohn verlassen die Heimat, und der Vater bleibt zurück. Warum nur? Vermutungen dürfen geäußert werden, eine Auflösung gibt es nicht.
Nach dem Familienriss beginnen die beiden ein neues Leben in einer anderen Stadt, in einem anderen Land. Doch auch hier geht die Sonne auf und unter, und das Leben verheißt neue Erinnerungen für die Zukunft. Dessen sind sie sich bewusst, und sie freuen sich darauf.
Ein wunderschönes Buch, das zum Erzählen, zum Spekulieren einlädt. Eventuelles will besprochen und Vergangenes erinnert werden.
Die ganzflächigen Illustrationen sind großartig und fangen die individuelle, emotionale Lage wunderbar ein.
Eine berührende Geschichte über ein intensives Familienleben und Erinnerungen, die im Austausch noch mehr bedeuten und zusätzlich verbinden.
Anja Kuypers
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Erinnerst du dich?
Text und Illustrationen von Sidney Smith
Übersetzt von Bernadette Ott
Aladin Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 9783848902354
gebunden, 40 Seiten
18 €
„Schlaf, Stella, schlaf!“ von Ted Forström, Mixtvision Verlag (2024)
Während der Vater dem Kind eine Geschichte zur guten Nacht im Bett vorliest, liegt Hündin Stella eingekuschelt zwischen den beiden auf der Bettdecke.
Stella möchte entspannen, streckt die Glieder aus und gähnt. Doch dann hört sie ein Geräusch aus dem Nebenraum. Sie springt auf, läuft vor die geschlossene Kinderzimmertüre und fängt an zu bellen. Der Vater unterbricht das Lesen, geht zur Tür und lässt den Hund nachsehen. Immerhin ist es ihre Aufgabe, die Familie vor Eindringlingen zu beschützen.
Vielleicht haben Eichhörnchen einen Minibagger ausgeliehen und einen Tunnel in die Küche des Hauses gegraben, vermutet der Hund. Oder es ist ein Bus voller fremder Hunde, der geradewegs ins Wohnzimmer gefahren und in den Fernseher gekracht ist, phantasiert sie weiter.
Stellas abstruse Ideen, woher das Geräusch kommen könnte, entpuppen sich alle als harmlos und erklärbar.
Die Situationskomik entsteht durch die vielen Male, die Stella aufspringt und der Vater das Vorlesen unterbrechen muss. Und immer war es umsonst....
Stella kommt einfach nicht zur Ruhe, der Vater ist zunehmend genervt und das Kind traurig, weil es nichts über das Ende der Geschichte erfährt. Was ist nur mit Stella los?
Eine sehr kurzweilige, unterhaltsame und hübsch illustrierte Geschichte über Zwei- und Vierbeiner, die unter einem Dach wohnen und aufeinander aufpassen. Über Träume und Phantasien, über das Schlafen und nicht zur Ruhe kommen mit einer tierischen Protagonistin. Sehr gelungen!
Anja Kuypers
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Schlaf, Stella, schlaf!
Ted Forström
Illustrationen von Asa Lucander
Aus dem Schwedischen von Cordula Setsman
Mixtvision Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3958542259
gebunden, 40 Seiten
17 €
„Der Baum und der Fluss“ von Aaron Becker, Gerstenberg Verlag (2024)
In dem zauberhaften, textlosen Bilderbuch ist ein Baum Protagonist sämtlicher dargestellten Szenerien.
Es beginnt mit einer schönen bunten Landschaft, durch die sich ein Fluss, vorbei an dichten Wäldern schlängelt. Der Baum befindet sich stets auf der rechten Seite der ganzflächigen Illustrationen. Am Anfang sieht man ein Kind inmitten der idyllischen Natur auf dem Baum herum klettern, während im Hintergrund einige Menschen gemeinsam ein Holzhaus bauen.
Auf der nächsten Doppelseite sind weitere Siedler erkennbar, die sich in der Nähe des Flusses niederlassen und zusätzliche Unterkünfte bauen.
Der Szenenausschnitt sowie die Perspektive auf die Landschaft bleiben immer identisch. Einzig das Land rund um den Baum verändert sich von Seite zu Seite.
Denn auf den Folgeseiten mutieren die Holzhäuser zu Häusern aus Stein, und die Menschenmengen nehmen zu. Außerdem erscheint der Fluss begradigt, und der Wald reduzierter. Aber der Baum bleibt. Er steht und trotzt sämtlichen Veränderungen. Selbst die Krieger und Kämpfer, die im Laufe der vielen Jahre immer mal wieder auftauchen, haben keine Chance gegen das starke, mächtige Holzgewächs.
Die Industrialisierung hält Einzug, und die Stadt wird noch größer. Von dem einst breiten Fluss ist nur noch ein Rinnsal übrig. Langsam verändert sich auch der Baum. Seine Äste werden karger und können die Last kaum mehr ertragen. Die Natur ergibt sich. Und man sieht die letzte Eiche fallen...
Doch dank des ewigen Kreislaufs erwächst aus der Baumfrucht irgendwann ein neuer Baum, nachdem das Urbane schon längst wieder verfallen ist.
Vom Wachsen und Gedeihen, vom Verfallen und Vergehen.
Ein neuer genialer Titel aus der Feder von Aaron Becker, der es immer wieder schafft, auch ohne Text Botschaften mit Tiefe zu vermitteln.
Anja Kuypers
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Der Baum und der Fluss
Aaron Becker
Gerstenberg Verlag (2024)
Buch für alle
ISBN 978-3836962933
gebunden, 32 Seiten
16 €
„Kamelefant und Dromedackel“ von Michael Ende, Thienemann Verlag (2024)
Michael Endes Unsinngedichte, die „Schnurpsenzoologie“, wurden nun erstmals farbig illustriert und neu aufgelegt.
Je Doppelseite dürfen sich die Leserinnen und Leser über einen Vers im Paarreim freuen, der eine neue Tierart vorstellt: „Im Urwald, Forschern unbekannt, lebt fröhlich der Kamelefant.“
Die ganzseitigen Illustrationen setzen den „Dromedackel“, die „Papageis“, das „Maikäferkel“ wunderbar in Szene.
Es ist immer ein Mix aus zwei Tieren. Mein klarer Favorit ist der „Forellensittich“.
Das Buch lädt zu Gesprächen über weitere, außergewöhnliche Tierarten ein. Im Text heißt es gar: „Sei doch so gut und mal sie mir, dann gibt es sie auf dem Papier.“
Der bekannte, mehrfach ausgezeichnete Autor besticht durch heitere Reime und ungewöhnliche tierische Kreationen. Und da Phantasie bekanntlich keine Grenzen kennt, sind weitere Ideen herzlich willkommen.
Anregend und lustig, hübsch und tierisch – ein Titel zum Weiterempfehlen.
Anja Kuypers
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Kamelefant und Dromedackel
Michael Ende
Illustrationen von Ariane Emmerich
Thienemann Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3522460330
gebunden, 48 Seiten
16 €
„Meine Mama ist ein Kunstwerk“ von Hana Acabado, von Hacht Verlag (2024)
„Ein Kunstwerk ist meine Mama: wie ein Bild ohne Rahmen – so sitzt sie da.“
Der Sohn himmelt seine übergewichtige Mutter an, deren Körper mit zahlreichen Tattoos übersät ist.
In Paarreimen erzählt der Junge über das Leben seiner Mama. „Ihr rechter Arm erzählt von ihrem Leben [...]“
In deren Umfeld gibt es viele Menschen mit Körpermalereien. Aber wie gehen andere Leute in der Stadt damit um? Manche schauen genauer hin, andere schauen angewidert weg. Manche lächeln, andere tuscheln.
„Ob jemand Tattoos hat oder Haut ohne Zier – überlass es doch einfach ihm oder ihr!“
Treffender könnte die Quintessenz des Titels nicht lauten. Denn alle Menschen sind gleichen Ursprungs, und alle haben etwas zu erzählen. Und manche tragen das Leben eben auf der Haut.
Das macht sie weder zu besseren, noch zu schlechteren Menschen.
Neben der moralischen Vermittlung tauchen die Leserinnen und Leser noch in die Vergangenheit der Tattoo-Kunst ein. Diese existiert bereits seit vielen, vielen Jahren und birgt so manche Überraschungen oder Geheimnisse.
Auch die Gegenwart spart die Autorin nicht aus und unternimmt einen Ausflug in ein heutiges Tattoo-Studio.
Dieses Buch ist mehr als eine Geschichte über die innige Liebe zwischen Mutter und Sohn. Es ist ein Buch über Vielfalt, angelehnt und vermittelt über die Kunst von Tattoos.
„Wie Kunstwerke sind die Menschen der Welt.“
Anja Kuypers
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Meine Mama ist ein Kunstwerk
Hana Acabado
Aus dem Englischen von Ulrich Störiko-Blume
von Hacht Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3968260457
gebunden, 32 Seiten
19 €
„Das ausgelassene ABC“ von Ina Hattenbauer, Gerstenberg Verlag (2024)
Was zuvor als regelmäßiger Beitrag in der Kinderzeitschrift Gecko erschien, liegt jetzt erstmalig als Buch vor. Das gesamte Alphabet wird hier auf außergewöhnliche Art vorgestellt und optisch ansprechend illustriert.
Von A bis Z, Seite für Seite, wird jedem Buchstaben eine Doppelseite gewidmet. Und irgendwie doch nicht.... Denn bei der Vorstellung jedes einzelnen Graphems wird es eigentlich nur ausgespart.
„Ohne A drückt die Taube auf die Tube. Und die Maus ist ...“ Wie muss es richtig heißen, wenn ich den Buchstaben, um den es geht, wieder verwende? Eine andere Art sich dem Alphabet zu nähern. Weglassen statt Verwenden.
„Brutkleidmode“ - welcher Buchstabe fehlt, damit das Wort auf anderen Ebenen wieder Sinn macht?
Die Leserinnen und Leser werden animiert mitzudenken, mitzusprechen.
Sämtliche Lösungen findet man auf der letzten Umschlagseite. Nur für den Fall, dass man unsicher ist.
Auf jeder Doppelseite werden durch das Weglassen des Hauptbuchstabens neue Wörter kreiert, die zum Schmunzeln und Lachen einladen. Es gibt einiges zu entdecken und zu erlesen.
Außerdem wird jedem Buchstaben eine andere Szenerie zugeteilt: auf dem Wasser, in der Stadt, auf dem Land, auf dem Acker, zwischen Kackhäufchen, mitten im Schnee, in der Bar, auf den Bergen, kurz vorm Mond,....
Ein witziges, unterhaltsames, lehrreiches Bilder-Sachbuch über das ABC.
Anja Kuypers
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Das ausgelassene ABC
Ina Hattenbauer
Gerstenberg Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 9783836962506
gebunden, 32 Seiten
20 €
„Warum wir weinen“ von Eymard Toledo, Gabriel Verlag (2024)
Mutter und Sohn sitzen bei gutem Wetter entspannt auf einer Parkbank. Die Erwachsene liest dem Kind vor, und plötzlich fallen dem Sohn viele Fragen ein. Kopfüber baumelt er über der Rückenlehne der Bank und beginnt seine Mutter mit Fragen zu löchern. Dabei ist ihm diese Frage am wichtigsten: „Mama, warum weinen wir eigentlich?“
Die Mutter nimmt sich die Frage zu Herzen, überlegt kurz und gibt viele kreative Antworten.
Manchmal entstehen die Tränen aus einer Wut heraus, wie eine dunkle Wolke, die sich bei Gewitter ausschüttelt. Ein anderes Mal ist es bloß Traurigkeit, die den Körper verlassen will und muss.
Weinen macht uns stark, es hilft beim Wachsen. Viele, viele Gründe fallen der Mutter ein, warum wir eigentlich weinen. Gründe, die die meisten Leserinnen und Leser kennen sollten und vielleicht sogar schon mal selber erlebt haben. Und falls nicht, erklären die Illustrationen und die kurzen Textbeiträge die Umstände für das Weinen sehr gut.
Jeder dieser Gründe hat einen tieferen Sinn. Weinen ist eine Emotion, und Emotionen sind wichtig. Sie sollten immer und überall und vor allem zu jeder Zeit gezeigt werden dürfen. Alles andere ist ungesund.
Der Text auf den ganzseitigen Illustrationen ist auf den Dialog zwischen Mutter und Sohn reduziert. Und in allen Illustrationen taucht immer wieder ein kleines Mädchen auf, die Ähnlichkeit mit der Mutter hat...
Und manchmal weint man einfach nur vor Glück. Vielleicht wegen einer gelungenen Mutter-Sohn-Beziehung.
Ein rundum gelungenes Bilderbuch über die wohl gefühlvollste Körperflüssigkeit von allen.
Anja Kuypers
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Warum wir weinen
Fran Pintadera
Illustrationen von Ana Sender
Aus dem Spanischen von Ilse Layer
Gabriel Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3522306461
gebunden, 40 Seiten
17 €
„Das Zyx“ von Flix, Kibitz Verlag (2024)
Während des Zähneputzens im heimischen Bad gerät das Zyx, ein kleines Wesen mit Ohren wie Hörnern und einer sehr langen Rüsselnase, auf magische Weise in eine Welt voller versperrter Türen.
„Unweit der Türen am Lagerfeuer hockte ein riesiges Ungeheuer.“
Das Monster empfiehlt dem Zyx die 17. Türe zu öffnen. Was mit einem Ausflug auf rosa Wölkchen beginnt, endet mit der Gefangenschaft auf einem Piratenschiff.
Aber das Zyx wäre nicht das Zyx, wenn es sich nicht selber aus dieser misslichen Lage befreien könnte.
Es schippert alleine in einem Holzruderboot über die hohen Wellen des Ozeans, bis es auf eine Insel trifft, die wunderbare Dinge für ihn bereithält. Und auch von hier geht es immer weiter und weiter...
Eine phantastische Reise des Zyx durch viele zauberhafte Welten, in der es Abenteuer bestehen muss und außergewöhnliche Wesen trifft.
Das Besondere an diesem Buch? Die Texte sind in Reimform geschrieben, und der Autor widmet jeder Buchseite einen Buchstaben. Dessen nicht genug, wird das ABC hier rückwärts aufgerollt.
Auf diese Weise kommt das Zyx auch zu seinem Namen, bevor es in die abenteuerlichen Welten abtaucht.
Die Leserinnen und Leser können auf jeder Seite des comicartig gestalteten Bilderbuches mit ganzseitigen Illustrationen Details zur Abenteuerwelt sowie Dingen mit dem jeweiligen Anfangsbuchstaben entdecken.
Hübsch aufbereitet und gut durchdacht.
Und was mit Zähneputzen begann, endet auch damit.....
Anja Kuypers
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Das Zyx
Flix
Kibitz Verlag (2024)
Bilder-Sachbuch
ISBN 978-3948690311
gebunden, 48 Seiten
15 €
„Kayabu“ von Eymard Toledo, BaoBab books (2024)
Das Mädchen Naná lebt in einem Dorf am Ufer des Amazonas. Sie besucht die Schule und ist erstaunt, als eines Tages ein neuer Schüler neben ihr sitzt, der ein Faultier auf den Schultern trägt und auf den Namen Kayabu hört. Trotz Ermahnung der Lehrerin, dass Tiere im Unterricht nicht erlaubt seien, bringt er am nächsten Tag einen Fisch mit.
Kayabu ist ein lustiger, ein sonderbarer Junge, der mit seiner Familie und vielen Tieren einfach über den Fluss in das Dorf gekommen ist. Er kann besonders gut schwimmen und noch besser tauchen.
Naná und er freunden sich schnell an. Nach und nach erfährt sie mehr von den Menschen, die ursprünglich aus dem Regenwald stammen und wegen heftiger Waldbrände ins nächste Dorf fliehen mussten.
Rausgerissen aus ihrer natürlichen Lebensumgebung ist die Familie nun erstmalig von Elektrizität und Geld umgeben. Sie müssen den Sinn des Ganzen erlernen und versuchen zu verstehen. In ihrer Welt gehört allen alles. Naná hört gespannt zu und lernt im Gegenzug Dinge ungefragt zu teilen und weniger in Machtverhältnissen zu denken.
Integriert in die Geschichte erfahren die Leserinnen und Leser Details über Regenwälder, Brandrodung und Menschenvertreibungen grundsätzlich. Wie kann man aus Lianen Trinkwasser gewinnen und wie sollte man sich verhalten, wenn man sich im Wald verläuft.
Eines Tages kommt Kayabu einfach nicht mehr zur Schule. Deren Behausung ist leer, und das Buch endet. Viele offene Fragen, die zur Aufarbeitung des Themas und Buchinhaltes bestens aufgegriffen werden können. Wird es ein Wiedersehen zwischen den ungleichen Kindern geben? Und was haben sie jeweils voneinander gelernt?
Wunderbare Illustrationen säumen den Weg der schönen Geschichte rund um Vielfalt sowie Toleranz und machen ein Eintauchen in andere Welten und Kulturen möglich.
Anja Kuypers
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Kayabu
Eymard Toledo
Aus dem Portugiesischen von Michael Kegler
Baobab books (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3907277249
gebunden, 32 Seiten
22 €
„Die Blumenfrau“ von Ann-Christin Plate, Nord-Süd Verlag (2024)
Die Autorin und Illustratorin lebt und arbeitet in Berlin. Sie wählt als einzige Handlungsszene einen Bahnhofsvorplatz aus. Die Menschen dort sind stets in Eile, sie wollen ihre Züge erreichen.
Plate skizziert eine hektische Stadt mit wenig Zeit zum Durchatmen.
Mittendrin in dieser Szenerie sitzt die Blumenfrau auf dem Boden der Wege, über die die Menschen laufen. Unentdeckt, ungeachtet.
„Sie legt die Blumen aus den Taschen vor sich und beginnt, Sträuße zu binden.“
Vom Frühjahr bis in den Winter hinein sitzt sie dort und hofft durch den Blumenverkauf auf den einen oder anderen Euro der Städter.
„Das gesamte Jahr hindurch sitzt die Blumenfrau an ihrem Platz.“
Mal wird sie beachtet, ein anders Mal nicht. Mal erhält sie Geld, ein anderes Mal nicht.
Einzig der kleine Junge Wanja, der täglich auf dem Weg zur Kita an der Blumenfrau vorbeiläuft, bleibt immer stehen, und gegenseitig schenken sie sich ein kleines Lächeln. Ab und zu kaufen er und seine Mutter auch ein paar Blumen bei der alten Frau.
Zwischen der Alten und dem Jungen wächst eine besondere Beziehung heran. So zart, wie die Blumen der Frau, die sie täglich vor sich auslegt.
Doch eines Tages sitzt die Blumenfrau nicht mehr an ihrem angestammten Platz, und sie taucht auch nie mehr auf.
Das Buch endet und lässt die Leserinnen und Leser mit vielen Fragen zurück. Diese Lücke soll den Blick schärfen. Was passiert eigentlich um mich herum? Welche Geschichten stecken hinter den Menschen, die mir begegnen?
Das Buch spielt mit Gegensätzen, wie naiv und real, jung und alt, arm und reich. Es wirft Fragen auf und gibt nur ansatzweise Antworten. Perfekt geeignet für anschließende Gespräche.
Eine sanfte Geschichte, die berührt, die wach macht und sofort wirkt.
Anja Kuypers
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Die Blumenfrau
Ann-Christin Plate
NordSüd Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3314106750
gebunden, 40 Seiten
18 €
„Guten Morgen, schöner Tag“ von Elisabeth Steinkellner, Tyrolia Verlag (2024)
Aus dem Tag eines kleinen Mädchens....
Voller Freude begrüßt die Kleine am Morgen den Tag. Gerne würde sie alles akribisch beobachten, aber sie muss den Bus erwischen, der sie zur Kita bringen soll. Mit offenen Augen und voller Enthusiasmus auf das, was noch kommen mag, betritt sie die Einrichtung und begrüßt ihre Freunde.
Sie ist vertieft im Spiel als sie am Nachmittag wieder abgeholt wird. Zu Hause wird gemeinsam gegessen, und dann darf sie ein Bad nehmen. Bevor das Licht in ihrem Zimmer gelöscht wird, lesen die Eltern natürlich noch aus einer Geschichte vor.
Ein unaufgeregtes Buch, das die Sonnenseiten darstellt. Ohne Ärger, Frust oder Angst. Über ein Kind, das gute Laune hat, gerne Dinge erforscht und einfach nur Spaß hat. Hier möchte man nochmal Kind sein!
Die Autorin gestaltet jedes Thema einer Doppelseite in einer anderen Grundfarbe und begleitet die jungen Leserinnen und Leser durch den Tag.
Der Text ist in Schweifreimen formuliert und regt an, ergänzende Gespräche über die Situationen zu führen. Wie sieht dein Tag aus, heißt es zum Schluss.
In dieser mehrsprachigen Ausgabe, kann die Geschichte in sieben verschiedenen Sprachen erlebt werden (englisch, arabisch, deutsch, türkisch, serbisch, kroatisch, bosnisch).
Anja Kuypers
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Guten Morgen, schöner Tag
Elisabeth Steinkellner
Illustrationen von Michael Roher
Tyrolia Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3702241971
gebunden, 26 Seiten
16 €
„Von wegen Regen!“ von Nelly Buchet, NordSüd Verlag (2024)
Eine Mutter verabschiedet ihre Töchter an der Türe und winkt ihnen aus einem Haus nach, das direkt am Hafen liegt.
Die beiden Mädchen laufen froh gelaunt Richtung U-Bahn. Dabei zieht die kleinere an der Hand der älteren Schwester, die eine Tasche bei sich trägt. Es scheint, als würden die beiden heute einen Ausflug machen.
Auf dem Weg zum Ziel, das bis hierher für die Leserinnen und Leser noch unbekannt ist, gönnen sie sich wegen der Sommerhitze zunächst ein Eis. Es ist so ein „Beine-kleben-am-Sitz-fest“ Wetter.
Schnell entpuppt sich der Ausflug als Reinfall. Zuerst tropft das Eis der Jüngeren viel zu schnell aus dem Hörnchen, noch bevor die Kleine es ablecken kann. Dann ist die Stadt voller Menschen und nirgendwo gibt es etwas zu trinken. Und zu guter Letzt fängt es noch an zu regnen.
Jetzt flüchten alle Menschen und die Schwestern, die zum Glück ein Regencape dabei haben, werden noch von vorbeifahrenden Autos nassgespritzt.
„Unser Plan fiel ins Wasser.“ Eigentlich wollten sich die Mädchen im Zoo die Tiere ansehen. Doch die haben sich wegen der Nässe in Sicherheit gebracht, und die Kinder stehen vor scheinbar leeren Gehegen.
Jede wettertechnische Alternative, wie ein Besuch in der Bibliothek, funktioniert aus unterschiedlichen Gründen nicht.
Aber dann erfährt die Geschichte eine Wendung.... Die Mädchen stellen fest, dass der Regen auch sein Gutes hat. Denn das Spielen in Pfützen, das Heulen mit den Wölfen, wenn die Dunkelheit aufzieht, das simple Anschauen der Regentropfen oder das Spielen im leeren U-Bahn Bereich macht man auch nicht alle Tage.
Ein wunderschönes Bilderbuch über zwei Schwestern, die sich nicht nur gut verstehen, sondern auch die Zeit – trotz des Regens – gemeinsam genießen und kreativ gestalten können.
Auf jeder der insgesamt 40 Seiten befinden sich ganzseitige Illustrationen, die allesamt nur mit höchstens einer Textzeile untertitelt sind. Demnach bietet das Buch noch jede Menge Möglichkeiten für ergänzende Gespräche oder literaturpädagogisches Arbeiten.
Anja Kuypers
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Von wegen Regen!
Nelly Buchet
Illustrationen von Rachel Katstaller
Aus dem Englischen von Anna Schaub
NordSüd Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3314106309
gebunden, 40 Seiten
18 €
„Die kleinen Bücher der kleinen Brontes“ von Sara O`Leary, Von Hacht Verlag (2024)
Die Geschichte erzählt aus dem Leben der Familie Brontes zu Beginn des 19. Jahrhunderts in einem Dorf in England und beruht auf einer wahren Begebenheit.
Eine Zeit jenseits der digitalen Medienvielfalt macht erfinderisch. So verbringen die sechs Kinder ihre Freizeit stets kreativ und einfallsreich. Sie schreiben sich gegenseitig kurze Geschichten und Gedichte auf, die sie kleinen, selbst gebastelten Büchern verewigen und lesen sie im Familienkreis vor.
Der Vater ist sehr um die Bildung all seiner Kinder bemüht, sei es Junge, sei es Mädchen. Alle dürfen die Schule besuchen und in die Welt der Bücher eintauchen.
Ein unaufgeregtes Buch über eine Familie, die die englische Literaturszene maßgeblich mit gestaltet hat.
In einem Jahrhundert, das von vielen Katastrophen geprägt war, die auch an den Brontes nicht spurlos vorbeigehen. Und dennoch gehen sie frohen Mutes durch das Leben und machen das Beste aus jedem Moment.
Zur Untermauerung der englischen Idylle des vorherigen Jahrhunderts sind die meist großformatigen Illustrationen in Brauntönen gehalten.
Im Anhang erfahren die Leserinnen und Leser noch einiges über den chronologischen Verlauf der Handlungsteilnehmer, obwohl im Buch lediglich die Kinderjahre geschildert werden. Außerdem darf man sich auf eine Bastelanleitung zur Herstellung eigener, kleiner Bücher freuen.
Noch heute werden die letzten verbleibenden kleinen Bücher der Brontes` Familie in Museen ausgestellt.
Dank der sehr kindgerechten und der direkten Ansprache der Leserschaft, eignet sich der Titel schon für die Kleinsten.
Anja Kuypers
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Die kleinen Bücher der kleinen Brontes
Sara O`Leary
Illustrationen von Briory May Smith
Von Hacht Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3968260365
gebunden, 40 Seiten
18 €
„Der Wortschatz“ von Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger, NordSüd Verlag (2024)
Was gibt es Schöneres, als Bilderbücher über Wörter und Sprache....
„An einem milden Herbstmorgen war Oscar beim täglichen Löcherbuddeln. Da entdeckte er eine prächtige Holztruhe.“ Was da wohl drin sein mag? Der kleine, gewitzte Junge malt sich alles Mögliche aus, und nach zwei Tagen intensivsten Phantasierens und Probierens öffnet er die Truhe. Und er findet.... WÖRTER!
Ein buntes, wildes Durcheinander von aneinander gereihten Buchstaben, die sich ineinander verheddert haben.
„Etwas enttäuscht, nahm Oscar eines der obersten Wörter heraus.“ Denn mit Wörtern kann Oscar nichts anfangen. So viele tolle Sachen hatte er sich erhofft, und dann das.
Wenn aber die Wörter mit einem Mal lebendig zu werden und das verkörpern, wofür sie stehen, ist es etwas anderes....Da kann das kleine Vogelhäuschen schon mal POMPÖS werden oder der Igel ändert seine Farbe, als ihn das Wort QUIETSCHGELB erwischt. Wann immer Oscar mit den Wörtern um sich wirft, kann der Kran plötzlich FEDERLEICHT, der Drache HANDZAHM werden.
So viele schöne, teils außergewöhnliche Wörter sind in der Kiste. Lang nicht mehr gehörte Wörter.
Was passiert aber, wenn die Kiste leer ist? Wenn Oscar die Wörter fehlen? Dann geht er auf die Suche und trifft die kreative Louise, die ihre buntsatte Blumenwiese goss.“ und in der Lage ist, immer wieder „frische“ Wörter zu machen.
Welch ein Bücher-Schatz! Wörter sind wunderbar und einzigartig. Aber sie können auch verletzen und kräftig wirken, wenn man sie unvorsichtig nutzt und einsetzt. Deshalb sollte man behutsam mit ihnen umgehen.
Eine tolle Botschaft, eine wichtige Botschaft, die dieses gelungene Gemisch aus Geschichte, Sprache und Illustrationen hier vermittelt. Eine Truhe voller Leben und Genuss. Ein neuer Bilderbuchschatz!
Anja Kuypers
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Der Wortschatz
Rebecca Gugger und Simon Röthlisberger
NordSüd Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3314106705
gebunden, 48 Seiten
17 €
„Der Tigerprinz“ von Chen Jianghong, Moritz Verlag (2024)
„Jäger waren gekommen und hatten sie getötet.“
Die Geschichte steigt direkt nach der Tat an einer Tigermutter ein. Die Menschen hatten ihr ihre Jungen genommen.
Voller Aggressionen ist die Tigerin auf Rache gesinnt, überfällt wahllos Dörfer und greift Menschen an. Sie kanalisiert ihre Trauer in Wut und möchte den Tod ihrer Kinder rächen.
„Die Nacht ist erfüllt vom Wehgeschrei der Menschen.“ Die wissen sich nicht mehr zu helfen und suchen Rat bei der Dorfältesten Lao Lao. Deren Rat besagt, dass der König nicht die Soldaten, sondern seinen eigenen Sohn zur Tigerin entsenden soll. Der König verlässt sich auf die Weissagung der Alten und vertraut ihren Worten, dass dem Kleinen nicht geschehen werde. Ein Amulett soll den Jungen beschützen und ihn an seine Mutter erinnern, die ihn voller Kummer gehen lässt.
In sich ruhend und mit einer gehörigen Portion kindlicher Naivität lässt der Junge alles geschehen und verhält sich gegenüber der Tigerin, die ihn im Wald aufgreift, freundlich offen. Entgegen aller brutalen Szenarien, die man sich ausmalen kann, nimmt sich die Raubkatze des Kindes an.
Eine einzigartige Beziehung und Freundschaft entsteht, bis sich die Königin und der König nach Jahren wieder auf die Suche nach dem einst „geopferten“ Sohn machen.
Wie wird die Tigerin reagieren, wenn man ihr erneut das Kind nehmen will?
Eine Geschichte mit Märchencharakter zwischen Mensch und Tier. Wunderschön warmherzig erzählt.
Feinste Illustrationen runden den Text wunderbar ab.
Das mehrfach prämierte Original stammt aus dem Jahr 2005 und wurde jetzt in einer leicht verkleinerten Ausgabe neu aufgelegt.
Anja Kuypers
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Der Tigerprinz
Chen Jianghong
Aus dem Französischen von Erika und Karl A. Klewer
Moritz Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3-89565-456-5
gebunden, 48 Seiten
15 €
„Die neue Häschenschule“ von Anke Engelke, Esslinger Verlag (2024)
Der Untertitel dieser Geschichtet lautet: „Wie Fuchs und Hase Freunde wurden.„
Ja, wie kann das nur funktionieren? Engelke hat sich des Originals von Fritz Koch-Gotha und Albert Sixtus angenommen, das 1924 zum ersten Mal erschien und es ordentlich modernisiert.
Und doch passt die Grundgeschichte immer noch...
Peter Hase kann es kaum erwarten zur Schule zu kommen. Am Morgen wird er mit Küssen und einem Pausensnack von der Mutter verabschiedet und läuft los.
Zu seiner Verwunderung steht heute in der Klasse, in der sich alle Schülerinnen und Schüler mit Ghetto-Fäustchen begrüßen, ein weiterer Stuhl am Tisch. Wer da wohl sitzen wird? Es ist ein Fuchs, namens Brehm. Erstaunlich wie ruhig die Hasenklasse bleibt. Obwohl er doch zu den ärgsten Fressfeinden gehört. Die Lehrerin erklärt mit Eintritt des Fuchses sofort, dass keine Gefahr von ihm ausgehe, da er sich vegan ernährt. Nun gut! In Geschichten ist eben vieles möglich. In der Pause knabbern alle nur gesunde Snacks, bevor es mit Sachunterricht weitergeht.
Dort lernen sie, dass die Gefahr für Hasen weniger von anderen Tieren, sondern vielmehr von den Menschen ausgeht. Sie vergiften die Felder, sie mähen mit großen Maschinen, sie jagen.
Ebenso wie im Original, wird allen Tierkindern auch hier Angst und Bange.
Besonders abenteuerlich wird es, als sie auf dem Rückweg von der Schule einem im Unterricht besprochenen Mähdrescher begegnen.
Die Tatsache ignorierend, dass die Arbeit der Menschen auf den Feldern durchaus ihre Berechtigung hat, wird in der Neuauflage des Buches die wichtige Botschaft vermittelt, dass jedem eine Chance gebührt. Sei es Mensch, sei es Tier. So wird der Fuchs, trotz seiner anderen Lebensweise, gerne in der Klasse aufgenommen und findet sofort Freundinnen und Freunde.
In wechselnden Reimschemata wird hier auf moderne Art aus dem Alltag eines Hasenjungen erzählt. Rundum hübsch illustriert in einer ländlichen Idylle.
Was besonders gut gefällt: die Wahl des Fuchsnamens, vermutlich in Anlehnung an Brehms Tierleben.
Anja Kuypers
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Die neue Häschenschule
Anke Engelke
Illustrationen von Mareike Ammersken
Esslinger Verlag (2024)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3480238385
14 €
„Café Käfer“ von Marie Gamillscheg, leykam: Verlag (2024)
„Am Rande der Wiese, wo der Wald beginnt, liegt das Café Käfer. Es ist kaum größer als ein Champignon.“, Hier ist der Käfer König!, heißt es auf einem Schild, das über dem Eingang angebracht ist.
Das Käfer-Café ist inhaltlich kaum von einem Café für Menschen zu unterscheiden. Es gibt eine Jukebox, verschiedene Sitzmöglichkeiten, eine Bar, eine Tafel, auf der die Tagesspezialitäten angekündigt werden und Hinweisschilder, wie „Käfer haften für ihre Larven“ an den Wänden. Und ähnlich der heutigen Zeit, bleiben auch hier die Gäste mehr und mehr aus. Aber Tassa, der Tausendfüßler und Stammgast des Cafés ist geblieben und liest gemütlich in dem Buch „Eine kurze Geschichte der Käfer“. Einer der wenigen, die sich in einer Tristesse über das Artensterben und die Ausrottung mit Gleichgesinnten austauscht.
Während dieses traurigen Trübsals steht Karli, die Chefin des Café-Käfers, teilnahmslos hinter dem Tresen. Sei weiß nicht, wie es weitergehen soll... Seitdem nebenan ein Menschenhaus gebaut und die Wiese dadurch erheblich verkleinert wurde, bleiben die Insekten und Käfer aus. Sie suchen sich andere, sicherere Unterkünfte.
Aber wie kann man dem Café, das einst Treffpunkt Vieler war, wieder zu neuem Glanz verhelfen? Ein Fest muss her. Eine richtig große Sause! Diese Idee steckt an, und alle verbleibenden Gäste packen mit an, bringen das Etablissement wieder auf Vordermann oder -frau.
„Langsam füllt sich das Café wieder! Karli wird es ganz krabbelig um ihr Käferherz.“
Zusammenhalt ist jetzt gefragt. Denn am Ende sind wir doch alle gleich, erkennen sowohl die Käfer, als auch alle neuen und alten Gäste.
Dieses Buch spiegelt menschliches Verhalten in einer Welt voller Käfer. On top gibt es viele Schmunzler und doppeldeutige Textpassagen.
Die wichtigsten Käferarten, die die Leserinnen und Leser zuvor kennenlernen, werden im Nachgang zur Geschichte nochmal gezielt vorgestellt. Eine Geschichte in der Welt der Krabbler, die aktueller kaum sein könnte.
Anja Kuypers
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Café Käfer
Marie Gamillscheg
Illustrationen von Anna Süßbauer
leykam: Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3701183012
gebunden, 64 Seiten
20 €
„Nichts für den König“ von Olivier Tallec, Gerstenberg Verlag (2024)
„Der König hatte alles.“ Er sammelt gerne und Vieles, wenn nicht gar alles. Stundenlang sortiert er seine Sammlungen und beschriftet sie mit einer nicht enden wollenden Akribie.
Irgendwann sagte man ihm, er bräuchte Nichts. Aber was ist das Nichts? Kaum nachgedacht, macht sich der König auf die Suche danach. Wo findet man es, und gibt es dort noch viel davon?
Er sucht im Wald, in Büchern, unter dem Mikroskop, unter dem Teppich, in der Wüste. Aber nirgendwo gibt es das Nichts. Denn überall, wo er sucht, gibt es doch etwas und sei es noch so klein.
„Ich will Nichts!“, lässt er seine Untertanen wissen. Aber das „Nichts blieb unauffindbar.“.
Während der gesamte Hofstaat für ihn auf der Suche ist, schafft der gut strukturierte König in der Zwischenzeit in seinen Kammern schon mal Platz für das Nichts. Er befreit sich von allem, was er hat.
Ein toller, kindgerechter Titel über die Konsumgesellschaft unserer Zeit.
Untermalt durch sehr pointierte, reduzierte, aussagekräftige Illustrationen.
Tallec hält den Leserinnen und Lesern einen Spiegel vor das Gesicht. Eigentlich braucht es gar nicht viel, um glücklich zu sein. Und nackt sind wir doch am erträglichsten – mit Blick auf die letzte Doppelseite des gelungenen, großformatigen Bilderbuches.
Es bleibt die Frage offen, ob die Kleinsten diese Botschaft verstehen werden.
Ein gern empfohlenes Buch für alle Altersstufen.
Anja Kuypers
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Nichts für den König
Olivier Tallec
Aus dem Französischen von Ina Kronenberger
Gesrtenberg Verlag (2024)
Bilderbuch
ISBN 978-3836962384
gebunden, 40 Seiten
15 €
„Yuna und die Sache mit dem Mögen“ von Rebecca Mönch, Südpol Verlag (2024)
„Alle mögen Yuna.“ Kurz nach ihrer Ankunft in der Menschenwelt verzaubert der kleine Hund einfach alle: den Postboten, die Bäckerin, die eigene Familie, andere Hunde, die Vögel im Garten......... Nur einen kann Yuna mit ihrer fröhlichen, lockeren, sympathischen Art nicht überzeugen, ihren Nachbarn. Der grantige Herr, der sich gerne im Garten um seine Beete kümmert, Katzen mag, aber auch sehr gut Querflöte spielt, kann sich einfach nicht mit dem neuen Vierbeiner anfreunden. Dabei gibt sich Yuna alle erdenkliche Mühe. Sie überrascht ihn mit einem spontanen Besuch, pflückt ihm ein paar Blumen, lässt sich zuvor sogar baden und optisch aufhübschen. Aber keine Maßnahme fruchtet. Warum mag der Nachbar sie einfach nicht?
„Yuna verkriecht sich zwischen den dichtesten Büschen. Sie fühlt sich sehr klein.“
Manchmal braucht es Zuspruch von guten Freunden, um festzustellen, dass es gar nicht so wichtig ist, von allen gemocht zu werden.
Ein schönes Bilderbuch mit einer wichtigen Botschaft. Verkörpert durch eine zauberhafte kleine Hündin, die erst noch lernen muss, sich selber treu zu bleiben.
Der Autorin und Illustratorin Rebecca Mönch gelingt eine kurzweilige Geschichte, die sie in schillernde Bilder verpackt. Ob ihr eigener Hund, der ebenfalls Yuna heißt und im Nachwort zur Geschichte erwähnt wird, als Vorbild der vierbeinigen Protagonistin diente, bleibt offen...
Eindeutig ist jedenfalls die Entscheidung, dass dies ein gelungenes Buch ist, das an dieser Stelle gerne empfohlen wird.
Anja Kuypers
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Yuna und die Sache mit dem Mögen
Rebecca Mönch
Südpol Verlag (2024)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3965942493
16 €
„Metti Meerschwein und das Ostergeheimnis“ von Madlen Ottenschläger, ars edition Verlag (2024)
So langsam verschwindet der Winter, und die ersten Schneeglöckchen stecken ihre vorwitzigen Nasen durch die noch kühle Erde. Der Frühling ist mit großen Schritten im Anmarsch.
Alle Tiere auf dem Bauernhof freuen sich sehr. Besonders das Meerschweinchen Metti, das dort mit ihren besten Freunden Hedi und Oskar, den beiden Hasenkindern, lebt. Einfach ein schönes Leben!
Auch Metti und ihre Freunde können die wärmere Jahreszeit kaum abwarten. So hüpfen sie vergnügt umher und recken ihre Nasen in die frische, von Sonnenstrahlen durchzogene Luft.
Nur Oskar verschwindet immer öfter. Warum nur? Liegt es an ihnen?
Hedi und Metti spionieren und finden am Ende heraus, weshalb der Hasenjunge immer zwischen Hühnerstall und Werkstatt pendelt. Alles sehr interessant!
Auch mit ihrem zweiten Metti-Bilderbuch-Band überzeugt das Autorinnen-Illustratorinnen-Team vollends und regt das Lesen durch das Spiel mit verschiedenen Schriftformaten, einer unterhaltsamen Geschichte sowie hübschen Illustrationen an.
Wo kreative Wortneuschöpfungen, wie “geheimnissen“ oder „Schneeballschnell“ den Text versüßen und lebendig werden lassen. Wo überwiegend ganzseitige Illustrationen die Inhalte wunderbar darstellen und für zusätzliches Vergnügen sorgen. Und wo die jungen Leserinnen und Leser direkt angesprochen und nach ihrer Meinung gefragt werden.
Eine wahre Freude, die Leidenschaft für die Gestaltung von Bilderbüchern beim Lesen zu spüren.
Wer die eigene Wartezeit auf den Frühling und den frühen Sommer verkürzen möchte, liest diesen neuen Band rund um die sympathische Nager-Dame Metti.
Anja Kuypers
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Metti Meerschwein und das Ostergeheimnis
Madlen Ottenschläger
Illustrationen von Stefanie Reich
ars edition Verlag (2024)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3845854663
16 €
„Nick und der Sturm“ von Benji Davies, Aladin Verlag (2023)
„Nick lebte mit seinem Vater und sechs Katzen am Meer. Es war Herbst, und Oma war zu Besuch.“
Ein Haus am Meer. Weit und breit keine weiteren Behausungen. Der Vater bastelt am Dach des leicht windschiefen Gebäudes und gleicht Unebenheiten aus. Nick holt währenddessen seine Oma, am überschaubar großen eigenen Anleger ab, wo sie ihr Ruderboot festmacht.
Aber statt idyllischer Strandspaziergänge mit der Familie ist heute spielen, malen und Kekse essen im Innern des kleinen Hauses angesagt, in dem kurzerhand auch mal die Wäsche neben dem Esstisch aufgehangen wird.
Ein Sturm kündigt sich an, und zum Glück ist die Oma da, die Nick am Abend eine Geschichte erzählt, während draußen der Wind tobt und die Wellen tosen lässt.
Sie berichtet von einem Mädchen, das mit seiner Familie wegen eines Unwetters sogar ihre Insel verlassen musste. Hochwasser überspülte einst ihr Haus am Meer und trennte sie von ihrem Freund, dem Wal. Das Wasser verschluckte sogar ihre Holzflöte, auf der sie so gerne spielte und sich darüber mit dem Wal unterhielt.
Die Familie bezog eine neue Insel und baute aus angeschwemmten Bauteilen der ehemaligen Hütte ein neues Haus am Meer. Welche Rolle spielte der ehemalige Walfreund dabei?
Nick ist so gepackt von der Geschichte, dass er überhaupt nicht einschlafen kann, aber so manches über die eigene Lebensgeschichte erfährt und sich eine Parallele zwischen Vergangenheit und Gegenwart offenbart.
Eine herzergreifende Familiengeschichte zwischen Walgesängen und einsamen Stränden.
Umrahmt von vielen, meist doppelseitigen, wunderbar gezeichneten Illustrationen aus der gleichen Feder des Autors.
Ein Meer, ein Sturm, eine Familie, ein Zuhause und ganz viel Gefühl.
Anja Kuypers
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Nick und der Sturm
Benji Davies
Übersetzung von Evi Naumann
Aladin Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3848902255
16 €
„Da ist ein Gespenst im Haus“ von Oliver Jeffers, Von Hacht Verlag (2023)
Das Buch beherbergt eine illustratorische Mischung aus alten schwarz/weiß Fotos und aktuellen Zeichnungen.
„Hallo, komm doch bitte herein“, lädt ein Mädchen in einem gelb-grauen Ringelkleid mit blauen Haaren, die zu Zöpfen gebunden sind, die Leserinnen und Leser in das alte herrschaftliche Haus ein. Das kann ja nur spannend werden!
„Ich hatte schon eine ganze Weile keinen Besuch mehr“, gibt sie zu. Warum nur?
Schnell wird deutlich, dass es in den alten Gemäuern angeblich spuken soll. Zwischen den einzelnen großformatigen Seiten mit einer einzigartigen Collagetechnik befinden sich Seiten aus Pauspapier. Und wenn man diese umblättert, legt sich auf das darunter liegende Bild eine neblig milchige und geheimnisvolle Schicht. Und mit dieser zusätzlichen Papierlage werden plötzlich mehr und mehr Gespenster in typisch weißer Tuchkleidung sichtbar.
Sie verstecken sich im Kronleuchter, unter dem Tisch oder zwischen den Treppenpfosten. Das Mädchen bleibt ahnungslos. Sie kann sie einfach nicht sehen und vermutet nur, dass sie im Haus umher geistern. Aber die Leserinnen und Leser sind einen Blick voraus. Dank der Folienseiten sehen sie ganz genau, wo sich die lustigen Gesellen verstecken.
Man möchte rufen oder auf sich aufmerksam machen, um dem Mädchen mitzuteilen „Da ist ein Gespenst im Haus!“.
Wieder einmal ist dem britischen Autor und Illustrator ein Meisterwerk gelungen, über das gesprochen werden darf, soll und muss. Das Buch beherbergt viele literaturpädagogische Ansätze zur kreativen Vermittlung der Inhalte und der Botschaft.
Manche Originalfotos sind mit erläuternden Untertiteln versehen und öffnen somit einmal mehr die Türen zu den Welten älterer Architektur und Baustile.
Durch und durch gelungen und daher gerne empfohlen.
Anja Kuypers
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Da ist ein Gespenst im Haus
Oliver Jeffers
Übersetzung von Katharina Naumann
Von Hacht Verlag (2023)
Bilder-, Kinderbuch
gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3968260358
24 €
„Die graue Stadt“ von Torben Kuhlmann, NordSüd Verlag (2023)
Wer hätte gedacht, dass es so viele verschiedene Grautöne gibt... Kuhlmann gibt den Leserinnen und Lesern auf der ersten Umschlagseite direkt einen guten Überblick: „Rotgrau“, „Mörtelgrau“, „Bleigrau“, „Mopsgrau“, um nur einige zu nennen...
Dieses Buch birgt eine gelungene Mischung aus gar textlosen Seiten mit doppelseitigen, wunderbaren Illustrationen und Seiten, die mit Textblöcken gefüllt sind und vielmehr an ein Kinderbuch erinnern. Der Umfang hat den Autor und Illustrator dazu veranlasst, das Buch in Kapitel einzuteilen.
Zu Beginn bildet Kuhlmann eine durchweg graue Stadt aus der Vogelperspektive ab. Es gibt viele Fabriken und qualmende Schornsteine zu sehen. Und inmitten dieser Tristesse steht das Mädchen Robin in ihrem gelben Regenmantel, die erst kürzlich mit ihrem Vater in die Stadt gezogen ist. Sie ist sehr erstaunt und vor allem traurig über das Aussehen der Stadt und vermisst die Farbvielfalt, das Bunte, das Fröhliche.
In ihren Umzugskartons befinden sich viele farbige Dinge, die zumindest ihr eigenes Zimmer etwas freundlicher wirken lassen.
„Etwas stimmt mit dieser Stadt nicht.“ Selbst die Malergeschäfte haben nur ein Grausortiment im Angebot. Ab und zu trifft sie Gleichgesinnte, die im Verborgenen ihre Farbfreiheit ausleben. So weit es geht und so lange es unentdeckt bleibt
In der Schule wird Robin zum Nachsitzen verpflichtet, da sie partout ihren gelben Mantel nicht ablegen will und im Kunstunterricht bunte statt graue Bilder malt.
Während der Extrastunde, in der sie stoisch ablaufende Benimmvideos auf alten Fernsehgeräten ansehen muss, lernt sie Alani kennen. Auch er eckt immer wieder mit seinen Ausflügen in die Welt der Farben an.
Gemeinsam finden sie im Laufe der Geschichte den wahren Grund für die graue Stadt heraus und nehmen es mit einem Machtsystem auf. Das Abenteuer beginnt.
Zum Ende der Geschichte gibt Kuhlmann noch einen Ausflug in Sachen Farbenlehre und erklärt Verfahren der Farbmischung.
Ein neues Buch aus der Feder des Mannes, dessen Illustrationen einzigartig sind und jedes Buch zu einem Kunstwerk machen.
Anja Kuypers
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Die graue Stadt
Torben Kuhlmann
NordSüd Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 64 Seiten
ISBN 978-3314106521
20 €
„Jims brillante Weihnachten“ von Emma Thompson, Beltz und Gelberg Verlag (2023)
„An Jim war nichts Glamouröses. Er hatte eine kahle Stelle am linken Vorderbein und schief sitzende Ohren, ihn umwehte ein herber Geruch, und sein eines Auge tränte, weshalb er kaum etwas damit sah.“
In diesem Zustand landet der Hund eher zufällig im Wohnhaus von Sir Henry Cole, dem Direktor eines bedeutenden Museums in London.
Der gute Mann nimmt Jim bei sich auf, und Jim wird Museumshund. Er folgt Sir Henry überall hin und liebt die Exponate im Museum. Außerdem ist der Vierbeiner ein leidenschaftlicher Leser. Ab und an trübt sein tränendes Auge den Lesegenuss. Wie gerne hätte er das Monokel seines Herrchens, das er „Brill“ nennt.
Doch Sir Henry braucht seine Sehhilfe selber. Zumal Weihnachten vor der Türe steht und er, wie jedes Jahr, viele Weihnachtsgrüße versenden möchte. Dies erfordert jede Menge Zeit, da jede Karte handgeschrieben formuliert werden muss.
Kurzerhand „erfindet“ der Mensch die allererste gedruckte Weihnachtskarte, die einfach und schnell mehrfach produziert werden kann. Aber wie kann er sie veröffentlichen und so berühmt machen, dass alle sie kaufen möchten?
Gut, dass er sich auf seinen Hund Jim verlassen kann, der selbst Kontakte zum Königshaus pflegt...
Die Geschichte spielt in England gegen Ende des 19. Jahrhunderts und gibt eine wahre Begebenheit wider. Denn noch heute erinnert eine Gedenktafel im Museum an den treuen Gefährten und seinen Menschen, die Weihnachten revolutionierten.
Ein hübsches Buch, das anrührt und mit tollen Illustrationen des bekannten Axel Scheffler angereichert ist.
In weihnachtlicher Ausgestaltung über tierische, generationenübergreifende Freundschaften und die Rettung eines struppigen Mischlings mit ehrlicher Schönheit.
Rundum gelungen!
Anja Kuypers
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Jims brillante Weihnachten
Emma Thompson
Illustrationen von Axel Scheffler
Beltz und Gelberg Verlag (2023)
Bilder-/Kinderbuch
gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3407757494
17 €
„Anton und der Gargoyle“ von Jo Ellen Bogart, NordSüd Verlag (2023)
Welch ein Genuss. Dieses textlose Bilderbuch erfüllt sehr viele Kriterien für erfolgreiches, kreatives, literaturpädagogisches Arbeiten mit Kindern.
Die Betrachterinnen und Betrachter dürfen sich auf viele Details freuen, die es zu entdecken gilt und über die gesprochen werden darf und muss.
Wie ein Kamerazoom nähert man sich auf der ersten Seite einem Haus, bevor man es betritt und häppchenweise die Fotowand im Wohnbereich erkundet. Und schnell hat man einen guten Eindruck von der Vergangenheit und Gegenwart der Familie des Hauses gewonnen, in dem Anton mit seinen Eltern lebt.
Comicartig, zwischen ein und vier panel pro Seite, wird die Geschichte des kleinen Jungen beschrieben, der einen großen, grauen Stein am Abend auf seinen Nachttisch legt. Am nächsten Morgen ist der Stein zerbrochen und man sieht, dass er von innen hohl ist. Die Betrachter sind Anton voraus und sehen bereits, was passiert ist. Ein junges Steinmonster, was dem Fantasiegeschöpf eines Gargoyle – ein figürlicher Wasserspeier - ähnelt, versteckt sich im Zimmer des Jungen. Die beiden lernen sich kennen und spielen miteinander. Eine ungewöhnliche Freundschaft, von der seine Eltern nichts ahnen.
Anton erkundigt sich über die Art und das Wesen der Gargoyles und findet heraus, dass sie unter anderem am Notre-Dame in Paris sitzen.
Vielleicht kommt das kleine Geschöpf daher und möchte wieder nach Hause?
Der Zufall will es, dass die Familie aus familiären Gründen plötzlich nach Paris reisen muss. Anton verstaut den Wasserspeier in seinem kleinen Reiserucksack, und das Abenteuer in der französischen Hauptstadt, rund um Notre-Dame kann beginnen....
Diese textlose Geschichte berührt auf unnachahmliche Weise und lässt den sonst eher negativ konnotierten Gargoyle positiv dastehen.
Der durchgängig feine Strich der Illustrationen gibt einmal mehr die Zurückhaltung dieser herzlichen Rettungsaktion wider und lässt Herzen schmelzen.
Anja Kuypers
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Anton und der Gargoyle
Jo Ellen Bogart
Illustrationen von Mja Kastelic
NordSüd Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 56 Seiten
ISBN 978-3314106569
18 €
„So oder so – einfach Pinguin sein“ von Marcus Pfister, NordSüd Verlag (2023)
„Jeder Pinguin ist anders. Aber jeder ist ein Pinguin.“
Welch hübsche, bunte, kurze Geschichte über gelebte Vielfalt anhand der sympathischen Pinguine.
„In der Antarktis lebt eine Pinguin-Kolonie. Aus der Ferne scheinen sie alle gleich zu sein – halt einfach eine große Pinguin-Gruppe. Aber jeder von ihnen ist verschieden.“
Und nun schaut der Autor und Illustrator genauer hin und stellt einige der Tiere vor.
Luca ist neu in der Kolonie und fällt mit seinem roten Schnabel und dem goldenen Haarschopf immer wieder auf. Kein Problem für alle anderen. So ist es wenigstens schön bunt in der Gruppe.
„Auch Ida gehört dazu.“ Ein ruhiges Mädchen, die auf der Suche nach sich selber ist und deshalb etwas weniger spricht. Auch Kein Problem für die anderen. Sie ist trotzdem Teil der Gruppe.
Und dann gibt es noch Felix, der immer „gut gelaunt, freundlich und hilfsbereit“ ist. Ein ganz positiver Charakter, der sich trotz seiner zwei kurzen Stummelflügel nicht klein kriegen lässt.
Auf jeder Doppelseite wird ein Pinguin vorgestellt. Mit seinen besonderen Eigenschaften, seinem besonderen Aussehen oder mit seinem besonderen Verhalten. Und die Kolonie?
Die schert sich nicht darum, wer sich wie und warum „so oder so“ verhält. Denn „jeder ist ein Pinguin“. Und das ist gut so!
Auf bekannte Pfister-Art pointieren die ganzseitigen Illustrationen die message des Textes. Ansprechend, kindgerecht, ohne viel Schnickschnack.
Ein zauberhaftes Bilderbuch über gelebte Vielfalt für die kleinsten, angehenden Leserinnen und Leser, die gleich zu Beginn, auf dem Cover, alle Farben des Regenbogens entdecken dürfen.
Anja Kuypers
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So oder so – einfach Pinguin sein
Marcus Pfister
NordSüd Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3314106590
17 €
„Das Tännchen Felix“ von Thomas Meyer, NordSüd Verlag (2023)
Alle ausschließlich tierischen Protagonisten dieses hübschen Bilderbuches, das auch über die Weihnachtszeit hinaus gelesen werden will, werden auf der ersten Umschlagseite vorgestellt.
Da gibt es Frau Immergrün, die Bären-Lehrerin, Selma, das Häschen und die beiden Tannenbäume, den großen Kurt und den eher klein gewachsenen Felix.
In der Baumschule bringt Frau Immergrün den vielen unterschiedlichen Tannen bei, was sie wissen müssen, um später ein guter Weihnachtsbaum zu werden.
Die drei wichtigsten Grundregeln lauten: schön gerade stehen, nicht mitsingen und möglichst wenig Nadeln verlieren!
Der große Kurt hält sich für ziemlich schlau und meint jetzt schon alle Kriterien zu erfüllen, um für eine Tierfamilie der beste Baum zu sein. Dabei macht er sich immer über den kleinen Felix lustig und stellt seine Qualitäten in Frage.
„Haha, aus dir wird nie ein Weihnachtsbaum! So will dich doch niemand!“
Trotz der Aufmunterungen durch Frau Immergrün verliert Felix nach und nach den Glauben an sich selbst. Und als er am Tag, als die Tiere des Waldes in die Baumschule kommen, um sich einen Baum auszuwählen, mit dem sie das Fest aller Feste feiern wollen, als einziger übrig bleibt, ist er vollends traurig.
Bis die kleine Selma mit ihrem Papa um die Ecke kommt...
Welch hübsche Geschichte über Mut und Selbstvertrauen im weihnachtlichen Kontext für die jüngsten angehenden Leser. Kindgerechte, ansprechende, ganzseitige Illustrationen begleiten die gut gewählte Textmenge und veranschaulichen den Inhalt auf wunderbare Art.
Bereits auf dem Cover ist das Thema Weihnachten durch haptische Gimmicks spürbar und macht Lust, die zauberhafte Geschichte über einen kleinen Tannenbaum zu lesen, der am Ende ein ganz Großer wird.
Anja Kuypers
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Das Tännchen Felix
Thomas Meyer
Illustrationen von Philippe Goossens
NordSüd Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3314106620
17 €
„In der Savanne stimmt was nicht!“ von Madlen Ottenschläger, Mixtvision Verlag (2023)
„Und wie es sich für einen ganz normalen Morgen in der Savanne gehört, spickt die Sonne über die Savannenfelsen und kitzelt die roten Pavian-Popos.“
Bei zauberhaftem Glühwürmchenlicht berichtet Papa Löwe in der Löwenhöhle ausführlich, wie er zu der roten Badewanne kam, die jetzt inmitten des Wohnraumes von Familie Löwe steht.
Und was macht man mit einer Badewanne? Ist doch klar! Man füllt sie mit Schokopudding und Bonbons zum Frühstück.
Mit dem perfekten Gespür für den richtigen Erzählton gelingt der Autorin wieder einmal eine wunderbar kindgerechte, blumig witzige Beschreibung des lustigen Lebens und der Stimmung in der Savanne.
Am Montag sieht auch alles noch ganz normal und gut aus, aber ab Dienstag ist plötzlich nichts mehr, wie es war. Warum schleicht Papa Löwe in der Nähe von Zebra Zora und Gabi Gazelle herum? Hat er etwa seine eigens aufgestellten Savannenregeln vergessen? Abstand halten war doch angesagt. Die anderen Tiere werden auch schon misstrauisch. Was ist da los?
Mit ihrer „Ich-entdecke-alles-Lupe“ und ihrem Detektivinnen-Hut macht sich Leonie Löwenkind auf den Weg durch die Savanne. Denn irgendetwas stimmt da nicht...
Leonie und ihr bester Freund Luis Löwe sammeln Indizien und sind auf Spurensuche, um das Rätsel zu lösen.
Eine tolle Vorlesegeschichte, die auch den Vorleserinnen und Vorlesern Spaß machen wird.
Dank der Menge wörtlicher Rede und der vielen, bunten, hübschen Illustrationen ein wahrer Genuss.
Anja Kuypers
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In der Savanne stimmt was nicht
Madlen Ottenschläger
Illustrationen von Andrea Stegmaier
Carlsen Verlag (2023)
Kinderbuch
gebunden, 80 Seiten
ISBN 978-3551522061
14 €
„Kann ich alleine!“ von Kathrin Schärer, Hanser Verlag (2023)
Die Autorin und Illustratorin punktet mit wunderschönen Illustrationen.
Hinter den dicken Pappdeckeln verbergen sich dünnere Seiten. Auf diese Weise werden die Kleinsten hier schon auf die Haptik weiterführender Bücher herangeführt.
Doch worum geht es in dem Buch?
Verschiedene Tierkinder begleiten die älteren Vorleser*innen und die jüngeren Betrachter*innen durch einen ganzen Tag. Zwischen Aufstehen und Zubettgehen werden viele Tätigkeiten kleiner Tiere gezeigt, die sie bereits alleine bewerkstelligen können. „Kann ich alleine!“
So sind es überwiegend Verben, die zu lesen sind und bildlich dargestellt werden.
„aufstehen“ heißt es, und man sieht ein kleines Eichhornkind, dass sich aus seinem Bett schält.
Auf der nächsten Seite sieht man es „frühstücken“.
Ein anderes Tierkind übernimmt den weiteren Tagesablauf. Es muss sich „anziehen“ und „in den Kindergarten gehen“.
Vom „tapfer sein“ bis „schwimmen“ und „neue Welten entdecken“ werden ganz zauberhaft illustrierte Tierkinder durch den Tag begleitet, bevor das Igelkind am Abend noch einer Geschichte lauscht und unser Eichhornkind wieder „einschläft“.
Neben den Darstellungen der vielen Verben, lernen die Kleinsten einen klassischen Tagesablauf kennen und werden animiert, selber zu reflektieren, was sie bereits alles können.
Durch und durch gelungen!
Anja Kuypers
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Kann ich alleine!
Kathrin Schärer
Hanser Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 64 Seiten
ISBN 978-3446277236
14 €
„Hast du morgen Zeit?“ von Jasper Andersen, Thienemann Verlag (2023)
Wenn die Dachsdame mit einem Strauß bunter Luftballons sehnsüchtig auf die Uhr am Marktplatz schaut, weil sie vermutlich auf jemanden wartet...
In diesem Bilderbuch, das ausschließlich tierische Protagonistinnen und Protagonisten beheimatet, springt man von einer Szene in die nächste. Pro Doppelseite eine Szene.
Vom Tennisspiel unter Fröschen, zum Biberfest an den See. Und vom Krankenhaus zum Geburtstagsfest. Ein abwechslungsreiches Hin und Her mit unterschiedlichen Tierarten in einer in sich verknüpften Geschichte, die einmal mehr den Unterschied zwischen heute und morgen verdeutlicht.
„Könntest du morgen unseren Zaun streichen?“, fragt die Kängurutante […] Übermorgen hätte ich Zeit, sagt der Känguruneffe.“
Wer hat wann Zeit und kann wem helfen?
Wunderschön durchdacht und umgesetzt.
Was vor den Toren eines Tennisplatzes begann, endet genau wieder dort. Alles hängt irgendwie zusammen.
Über die Rettung von zehn oder elf Enten aus einem brennenden Haus, über Berufe und verschiedene Alltagsszenen. Es gibt immer und überall viel zu entdecken und viel, worüber es zu sprechen lohnt.
Ob die Leserinnen und Leser noch erfahren werden, auf wen die Dachsdame wartet?
Ein witziges, unterhaltsames, wimmliges Verabredungskarussell.
Anja Kuypers
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Hast du morgen Zeit?
Jasper Andersen
Illustrationen von Anke Hennings-Huep
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3522460422
15 €
„Herr Anton war zu aufgeregt zum Schlafen. Die ganze Nacht lag er wach unter seiner Decke und plante einen Ausflug für seine Freunde.“
Herr Anton ist der einzig menschliche Protagonist der Geschichte. Er ist schon älter, hat dünnes, gräuliches Haar und trägt einen grünen Anzug.
Er arbeitet im Stadtzoo, versorgt dort die Tiere, die im Laufe der Zeit zu seinen Freunden geworden sind. Allen voran der Elefant, das Nashorn, der Pinguin und die Schildkröte.
Sie alle lieben es, von ihm gehegt und gepflegt zu werden.
Herr Anton arbeitet viel und ist deshalb häufig müde. Aber er beklagt sich nie darüber.
Dafür gähnt er oft oder ärgert sich, wenn er den Wecker mal wieder überhört. „Biep-biep!“
An einem Tag, als das „Bieb-biep!“ unaufhörlich durch sein Schlafzimmer hallt, hatte er eigentlich einen Ausflug mit den Zootieren geplant.
Weil er aber verschläft, deshalb den Bus verpasst und noch die ganze Arbeit im Zoo erledigen muss, kann der Ausflug nicht stattfinden. Wie schade...
Aber die Tiere haben eine Idee und planen etwas im Geheimen. Freunde eben!
Mittels feiner, zurückhaltender Zeichnungen wird einmal mehr die Zartheit und Vorsicht im Umgang miteinander suggeriert.
Eine zauberhafte kurze Geschichte über das Wichtige im Leben, einen Mann und echte Freundschaften. Sympathisch, ruhig und mit ganz viel Herz.
Anja Kuypers
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Herr Anton verpasst den Bus
Philip C. Stead
Illustrationen von Erin E.Stead
Gerstenberg Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3836962254
18 €
„Momo – ein Bilderbuch“ von Michael Ende, neu interpretiert von Simona Ceccarelli, Thienemann Verlag (2023)
Anlässlich des 50jährigen Jubiläums des Originals „Momo“ von Michael Ende, erscheint die Geschichte erstmalig in abgewandelter Form als Bilderbuch.
Momo kann besonders gut zuhören und nimmt sich Zeit für alle Menschen, die ihr begegnen.
„Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.“
Die Geschichte ist nicht neu, die Interpretation derselben durchaus. Sie erzählt von einem kleinen Mädchen mit krausen, braunen Haaren, das in der Ruine eines ehemaligen Amphitheaters lebt. Kein Bewohner der Stadt weiß Näheres über ihre Herkunft. Sie war auf einmal da...
Und doch besuchen sie das Mädchen täglich. Ohne Scheu erzählen sie ihr von ihren Sorgen und Nöten. Und was macht Momo? Sie hört einfach zu. Kommentiert nicht, gibt keine schlauen Tipps und Tricks, sondern gönnt sich und den Besuchern Zeit und Aufmerksamkeit.
Außerdem kann sie wunderbare Spiele erfinden und erzählt phantastische Geschichten.
Entgegen dem Geschichtsverlauf in Endes Original, tauchen in dieser Bilderbuchvariante keine grauen Herren auf, die den Leuten die Zeit stehlen, um selber existieren zu können.
Hier erfährt die Freundschaft Momos zu Beppo, dem Straßenkehrer eine besondere Beachtung. Von ihm kann die kleine Momo noch viel lernen, bevor sie wieder in ihrem Theater sitzt und einfach in die Stille hinein lauscht.
„Und wer nun noch immer meint, zuhören sei nichts Besonderes, der mag nur einmal versuchen, ob er es auch so gut kann.“
Gelungene Adaption der preisgekrönten Geschichte mit herausragenden Illustrationen, die einmal mehr die Wichtigkeit und Bedeutsamkeit der Kernaussage des Buches hervorheben.
Durch und durch gelungen.
Anja Kuypers
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Momo – Ein Bilderbuch
Michael Ende
neu interpretiert von Simona Ceccarelli
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3522460514
16 €
„Der Mondwächter“ von Zosienka, Atrium Verlag (2023)
„Emil hat eine Einladung von den Wächtern der Nacht bekommen. Sie wollen heute, bei ihrem Treffen etwas Wichtiges verkünden.“ Wer wird der neue Mondwächter?
Die Tiere küren Emil, den Eisbären. Er darf nun auf den Mond aufpassen und dafür sorgen, dass es ihm gut geht.
Emil bereitet sich akribisch vor, informiert sich und packt einen Rucksack mit allerlei Dingen zusammen.
Mit Stellenantritt sucht er sich in jeder Nacht eine neue höchste Stelle in der Umgegend, um dem Mond besonders nah sein zu können. Er verscheucht Fledermäuse oder saugt Wolken mit dem Sauger ein, damit der Mond eine klare Sicht hat.
Emil gibt sich wirklich Mühe, aber so ganz scheint er die Lage nicht im Griff zu haben. Denn der Mond verändert sich: er wird kleiner, bis er eines Tages ganz verschwindet.
Emil macht sich Sorgen und sucht nach den Gründen für dieses Phänomen.
Dieses wunderschön illustrierte Bilderbuch erklärt den Kleinsten, verpackt in diese zauberhafte Geschichte, die Mondphasen. Nur gut, dass es andere Tiere gibt, die sich bestens auskennen.
Eine hübsche Geschichte mit Lehrcharakter, die sich nicht nur als Gute-Nacht-Geschichte eignet. Viele Dialoge machen den Text besonders erlebbar.
Und das Schlussbild gefällt mir am besten. Der sympathische Emil gibt dem Mond ein Küsschen, als dieser sich wieder in vollem Umfang zeigt. Puh, Glück gehabt!
Er hat den Mond eben doch gut bewacht.
Anja Kuypers
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Der Mondwächter
Text und Illustrationen von Zosienka
Atrium Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3855351879
15 €
„So kam das mit dem Drachen“ von Daniel Fehr, Thienemann Verlag (2023)
Voller Erwartung einer phänomenalen Geburtstagsüberraschung öffnet der namenlose Ich-Erzähler das Geschenk seiner Großmutter.
„Ich versuchte zu lächeln und sagte DANKE. Denn wenn man ein Geschenk bekommt, lächelt man und sagt DANKE, auch wenn man mit dem Geschenk nicht zufrieden ist. Es war nämlich ein Bilderbuch. Genau dieses, mit dem Titel „So kam das mit dem Drachen“.“
Glücklicherweise scheint seine ältere Schwester einen Faible für Bücher zu haben und so tauscht er den Titel mit ihr gegen ein Piratenschwert.
So ganz überzeugt ihn das Schwert nicht, denn er tauscht seine Errungenschaft schnell weiter.
Der Junge kommt nach und nach in den jeweils kurzfristigen Besitz eines Laserschwertes, eines Balls und sogar eines Aquariums. Das Tauschen reißt nicht ab, bis er eines Tages den Tausch seines Lebens macht...
„Viel besser, als alles andere. Das Beste. Für immer und ewig.“
Und manchmal kommt das Gute einfach zurück. Vor allem unerwartet...
Welch hübsche Geschichte über die belebende Phantasie in Büchern und unvorhergesehene Ereignisse.
Klasse illustriert mit vielen Details zum Entdecken und darüber sprechen.
Zum Vorlesen und zum Selberlesen geeignet.
Voller Inspirationen zur kreativen Literaturvermittlung. Sympathisch, unterhaltsam, einfach gut!
Anja Kuypers
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So kam das mit dem Drachen
Daniel Fehr
Illustrationen von Sebastian Mourrain
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3522459730
15 €
„Monster, Monster – Fast umsonster“ von Jan Kaiser, Thienemann Verlag (2023)
Bereits auf der ersten Umschlagseite wird man von vielen Monsteraugen angesehen, die sich inmitten einer Fellpracht tummeln. Was ist da los?
Zu Beginn sieht man eine alte Dorfstraße mit verfallenen Häusern und schiefen Dächern in einer nebligen Düsterstimmung.
Links und rechts des altertümlichen Straßenbelages reihen sich obskure Geschäften aneinander.
Der Autor nimmt die Leserinnen und Leser in das zweite Obergeschoss einer seltsamen Behausung mit: „Im zweiten Stock im rechten Flur: Dort ist die Monster-Agentur.“
Hier können Interessenten Monster kaufen. Große, kleine, dicke, dünne, mit einem oder mehreren Augen, mit und ohne Fell, reich an besonderen Eigenschaften oder einfallslos. Monster für alle Lebenslagen.
In diesem Buch werden acht Monster auf die gleiche Art und Weise präsentiert. Der jeweilige Name des Monsters fungiert als Überschrift und in ein paar Versen werden die Eigenarten des Monsters beschrieben.
Die doppelseitigen Illustrationen bieten Raum zum Entdecken und Begreifen, zum Stöbern und Schmunzeln. Die Illustratorin Nüsch nutzt eine ansprechende Farbzusammenstellung, in der die Monster perfekt hervorstechen. „Ladenhüter Lumpi sitzt grummelnd in der Ecke unter seiner Häkeldecke.“ „Die Laufmonster von Skagerrak, die gibt es nur im Zehnerpack.“ „Und Ingolf, der fast alles weiß, gibt es heut zum Spitzenpreis.“
Zum Schluss des Bilderbuches erreicht ein Postpaket die Monster-Agentur. Was da wohl drin sein mag?
Der Autor lüftet das Geheimnis und macht den Inhalt den Leserinnen und Lesern zum Geschenk. Eine hübsche Idee, hübsch verpackt und hübsch umgesetzt.
Eine Geschichte, die keine klassische ist, aber zu einer werden könnte. Anlass für viele weitere Momente und Potential für sich anschließende Erzähl-, Schreib- oder Zeichenmomente.
Solche Monster wünscht man sich. Und solche Bücher sowieso.
Anja Kuypers
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Monster, Monster – Fast umsonster
Jan Kaiser
Illustrationen von Julia Nüsch
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3522460019
15 €
„Joan Procter - Drachendoktor“ von Patricia Valdez, von Hacht Verlag (2023)
Eichen, Schildkröten, Krokodile und Co.. Dies sind die Tiere, die die 1897 in England geborene Joan Procter am liebsten um sich hat.
Während andere Gleichaltrige mit Puppen spielen oder Kaninchen streicheln, beobachtet und erforscht die junge Joan sämtliche Reptilien, die sie finden kann.
Dieses erzählende Sachbilderbuch für Kinder ab fünf Jahren schildert das Leben einer weitestgehend unbekannten Wissenschaftlerin, die ihr ungewöhnliches Hobby zum Beruf machen konnte. Eine wichtige Botschaft für die Jüngsten, dass man Vieles erreichen kann, so man es tatsächlich möchte und daran glaubt.
Viele zufällige Wege sowie ihr unbändiger Wissensdurst in der Herpetologie (Forschung von Reptilien und Amphibien) brachten ihr am Ende die Abteilungsleitung für Reptilien im Londoner Zoo und weltweite Anerkennung unter Zoologen ein.
Untypisch für diese Zeit, in der die Frauen meist andere Rollenbilder erfüllen mussten.
Als 1927 die ersten Komodo-Warane in Europa und London eintrafen und Joan Procter sich intensiv mit den als „Drachen“ verschrien Tieren beschäftigte und den Menschen die Angst vor den Kolossen nahm, war ihr jeder Ruhm sicher.
Dieses Buch schildert mit pointierten, leicht verständlichen Texten den Verlauf ihres Lebens. Stets begleitet von ansprechenden Illustrationen, die den Textinhalt bestens untermalen.
Das Autoren-Illustratoren-Duo schafft es, Joan Procter, die bereits 1931, mit nur 34 Jahren an einer unheilbaren Krankheit starb, so eindrücklich vorzustellen, dass man man zum Ende des Buches dringend mehr über diese faszinierende Frau und ihre besondere Arbeit erfahren möchte.
Ein sehr gelungenes, erzählerisches Sachbuch.
Anja Kuypers
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Joan Procter - Drachendoktor
Patricia Valdez
Illustrationen von Felicita Sala
van Hacht Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3968260280
16 €
„Der kleine Yeti“ von Angelique Leone, Picus Verlag (2023)
Der klassische Weihnachtsmann erhält Verstärkung. Oder gibt es in Wirklichkeit doch gar keinen W-Mann? Und wer steckt unter der eigentümlichen Verkleidung?
Diese Geschichte zeigt eine Vermutung auf und nimmt sich des Themas durch und durch liebevoll sympathisch an.
Getarnt mit einer roten Latzhose, einem rotem Schal und einer roten Mütze schleicht sich der namenlose Protagonist – ein kleiner Yeti – in die Menschenwelt und gerät in eine weihnachtliche Szenerie.
Es ist schon spät und alle Menschen schlafen bereits. Aber der festlich geschmückte Weihnachtsbaum leuchtet in allen Farben, und für den Weihnachtsmann stehen Kekse bereit.
So etwas Leckeres hat der kleine Yeti, der mit seinen Eltern hoch oben in den verschneiten Bergen lebt, noch nie gegessen.
Schon seit langer Zeit wollte er sich die Menschen einmal näher ansehen, doch seine Eltern haben ihn immer davor gewarnt.
Nun steht er da... im Wohnzimmer einer menschlichen Behausung. Vor dem prächtigen Baum und findet es herrlich.
Doch plötzlich steht ein kleiner Junge vor ihm und erkundigt sich, ob er wohl der W-Mann sei. Was soll der kleine Yeti jetzt tun?
Welche hübsche kleine alternative Weihnachtsgeschichte über eine sympathische Yeti-Familie.
„Mama Yeti malt meistens große Zeichnung an die Wände der Höhle. Papa Yeti baut Skulpturen aus Schnee und der kleine Yeti bastelt am liebsten Spielzeug aus Holz...“
Ganzseitige, wunderhübsche Zeichnungen säumen den dezent eingefügten Text über den jungen Yeti, der sich in die Menschenwelt verläuft.
Die vorwiegend blauen Farben spiegeln gekonnt die eisigen und schneebedeckten Landschaften wieder, in der die Geschichte spielt.
Erst als der rot verkleidete Yeti die heimelig dekorierte Hütte betritt, schimmern bunte Farben auf den Seiten und machen Lust auf Weihnachten.
Die ausgewogene Menge wörtlicher Rede gestaltet die Geschichte zusätzlich lebendig und greifbar. Unterhaltsam, kurzweilig, schön.
Anja Kuypers
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Der kleine Yeti
Angelique Leone
Illustrationen von Christine Davenier
Picus Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3711740342
18 €
„Das ist doch nur für Mädchen“ von Madlen Ottenschläger, Carlsen Verlag (2023)
Der kleine Manni hält einen rot glitzernden Rock in Händen. Voller Erwartung, dass seine Mutter ihm diesen kaufen möge.
„Das ist doch nur für Mädchen, sagt Mama und kauft Manni eine Hose.“
So gerne würde er auch mit seinen Freundinnen Teegesellschaft spielen oder Puppen frisieren, aber seine Freunde kommentieren ebenfalls, dass dies nichts für Mädchen sei.
Selbst Papa versucht ihn vom Fußballspielen zu überzeugen, statt gemeinsam Übungen an der Turnstange zu machen.
Mannis durchgängig verständnislose Mimik kommt auf den ganzseitigen Illustrationen bestens zur Geltung.
Es kommt der Tag, an dem er den gleichaltrigen Paul trifft. Und Paul trägt fast genau den Glitzerrock, den Manni so gerne hätte. Noch besser: Paul rutscht ganz selbstbewusst, im Rock gekleidet eine Rutsche auf dem Spielplatz herunter. Wie mutig, denkt Manni.
Und als Manni anfängt genauer hinzusehen, bemerkt er weitere Freunde, die „Mädchensachen“ machen und viele Freundinnen, die „Jungensachen“ machen. Es geht also doch!
Welch wunderbar leichte Geschichte für die Jüngsten über ein Thema, das leider immer noch nicht final in der Gesellschaft angekommen ist.
Sehr gelungen und wertvoll setzt das Autoren-Illustratoren-Duo auf eingängige Strukturen und ansprechende Bilder.
Eine überaus wichtige Botschaft wird hier für Groß und Klein bestens verpackt.
Denn am Ende lernen auch die Erwachsenen von dem vorbildlichen Verhalten ihrer Kinder.
Man lernt eben nie aus... Und manchmal sind die Kinder einfach klüger, als die Erwachsenen.
Anja Kuypers
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Das ist doch nur für Mädchen
Madlen Ottenschläger
Illustrationen von Jennifer Coulmann
Carlsen Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3551521323
13 €
„Der Junge und der Elefant“ von Freya Blackwood, Knesebeck Verlag (2023)
Ein Kunstwerk, ein Traum, eine Geschichte.
Völlig textlos wird zeichnerisch aus dem Leben eines Jungen berichtet, der Bäume rettet und für die Begrünung einer städtischen Szenerie sorgt.
Das Buch beginnt mit der Darstellung eines typischen Schultages des namenlosen, kleinen Protagonisten. Eher demotiviert lustlos macht er sich in Uniform, mit seinem roten Rucksack auf den Schultern durch eine hektisch umher laufende Menschenmenge auf den Weg zum schmucklosen Schulgebäude.
Er ist nicht Teil des umtriebigen Pausenbetriebes, sondern sitzt separat und beobachtet still.
Auch nach Schulschluss zu Hause scheint er auf sich alleine gestellt zu sein und verschwindet unbemerkt mit zwei Schüsseln voller Essen in den Garten des Nachbarhauses.
Dort teilt er sich die Speisen mit einem Elefanten. Oder vielmehr einer Baumformation, die einem Elefanten optisch ähnelt. Und erstmals sieht man den Jungen lächeln....
Als kehre er zu einem Freund zurück, dem er vorliest, mit dem er Fußball spielt, bei dem er sich einfach wohlfühlt.
Die Zeit vergeht, und eines Tages soll das Nachbarhaus verkauft werden. Bauarbeiter haben die Bäume, die dem Neubau weichen sollen, bereits mit einem X markiert. Darunter der Elefantenfreund.
Nun muss der Junge handeln. Und zwar schnell.
Der australischen Illustratorin gelingt ein feiner, aber aussagekräftiger Strich, der jede noch so kleine emotionale Regung einfängt und gekonnt wiedergibt.
Ganzflächige Illustrationen stellen eine Erzählung dar, die sich feinfühlig und phantasievoll kreativ einem wichtigen Thema annimmt und nebenher über bedeutsame Freundschaften berichtet.
Jede Menge künstlerischer Input zum Ansehen, darüber reden und träumen.
Anja Kuypers
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Der Junge und der Elefant
Freya Blackwood
Knesebeck Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3957287106
16 €
„Von der Maus, die ihr Lachen verlor“ von Thomas Lochner, MartaPress Verlag (2023)
„In einem großen grünen Urwald lebte eine kleine Maus, die ihr Lachen verloren hatte und nicht wusste, warum. Vor allen Dingen aber wusste die kleine Maus nicht, wie sie ihr Lachen wiederfinden konnte.“
Also macht sie sich auf den Weg durch ihre Heimat, den Urwald und trifft verschiedene Tiere, denen sie die immer gleiche Frage stellt: “Hallo, ich bin die kleine Maus und habe mein Lachen verloren, könnt ihr mir helfen, es wiederzufinden?“
Die Affen, das Nashorn und der Elefant haben zwar allesamt gute Einfälle, wie sie ihr Lachen finden könnte, aber die kleine Maus kontert immer wieder, dass sie zu dieser Idee keine Lust hätte.
Als sie aber die Giraffe mit ihrem wunderbar langen Hals trifft, der sich zu mancher Rutschpartie eignet, ändert das Mäuschen plötzlich ihre Meinung.
Wer nun annimmt die Geschichte sei hier zu Ende, irrt sich gewaltig. Denn die kleine Maus tritt irgendwann, nachdem sie ihr Lachen wieder gefunden hat, den Rückweg durch den Urwald an und trifft auf alte Bekannte.
Dank der eingängigen Struktur, der überschaubaren Menge Handlungsteilnehmer*innen sowie den einprägenden Satzwiederholungen eignet sich diese kurze, aber feine Geschichte besonders gut zum Vorlesen mit kleinen Kindern.
Die bunten Illustrationen teilen sich jeweils eine Doppelseite mit dem dazugehörigen Text, und auch hier unterliegt die Darstellung einer gewissen Struktur.
Am Ende dürfen sich alle großen und kleinen Leserinnen und Leser mit der kleinen Maus freuen, die endlich wieder glücklich ist.
Anja Kuypers
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Von der Maus, die ihr Lachen verlor
Thomas Lochner
Illustrationen von Vlasta Göder
Marta Press Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 28 Seiten
ISBN 978-3968370255
18 €
„Nicht immer nur blau“ von Robert Tregoning, Atrium Verlag (2023)
„Hiermit gibt die Regierung öffentlich bekannt: Alles, was nicht blau ist, wird per Gesetz verbannt.“ Fortan gibt es in der nicht näher benannten Kleinstadt blaue Häuser, blaue Straßen, blaue Wiesen, blaue Zäune, blaue Bäume, blaue Autos und noch viel mehr Blaues. Überall, wohin man auch schaut, ist alles blau. Mal heller, mal dunkler. Selbst die Menschen sind angehalten, blaue Kleidung zu tragen. Es könnte kaum eintöniger sein....
Bis ein namenloser Junge, der die Farbe Gelb so sehr liebt, eines Tages ganz unbemerkt ein gelbes Gummientchen in den Rucksack steckt, das er bei Aufräumarbeiten im Park zufällig findet.
„Zu Hause kommt die Ente zu all den gelben Sachen, die er schon seit einiger Zeit rettet....“
Denn in einer Kiste im Schrank versteckt er all seinen gelben Funde. Und wenn er die Schranktüren bei Nacht öffnet, scheint sogar ein gelbes Licht heraus und es duftet mit einem Mal ganz gelb.
Dann tanzen alle Dinge in der Luft herum, und der Junge freut sich.
Eines Nachts, während eines Freudentänzchens kommt plötzlich sein Vater ins Zimmer hinein.
Und entgegen aller Befürchtungen versteht er seinen Sohn und hilft ihm sogar dabei, die Farbe Gelb noch ein wenig mehr zu mögen.
Mittels dieser kleinen, aber feinen Geschichte wird dargestellt, wie einfach es sein könnte, alle Menschen zu mehr Vielfalt und Offenheit zu bewegen.
„Jeder Mensch soll leben, ganz wie es ihm gefällt.“ Eine wichtige Botschaft für unsere Gesellschaft und für deren Umsetzung es immer noch jede Menge Mut braucht.
Der kleine Protagonist der Geschichte lebt vor, wie einfach es sein könnte.
Der Text ist in verschiedene Reimschemata verpackt und passt sich den ansprechenden Illustrationen wunderbar an. Einfach und hübsch, aber aussagekräftig und mächtig.
Anja Kuypers
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Nicht immer nur blau
Robert Tregoning
Illustrationen von Stef Murphy
Übersetzung von Yvonne Hergane
Atrium Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3855350292
14 €
„Der Geräuschehändler“ von Kathrin Rohmann, Knesebeck Verlag (2023)
Dieses sehr textlastige Bilderbuch wird als Vorlesebuch beworben. Es kann allerdings auch von guten Erstleserinnen und Erstlesern selber gelesen werden. Auf jeden Fall lohnt es sich!
„In einer Straße dieser Stadt steht ein Haus, das dir bestimmt noch nicht aufgefallen ist, denn es sieht ganz gewöhnlich aus. Es hat drei Stockwerke und ist grün gestrichen.“
Darin wohnt der sympathische Geräuschhändler, der für jeden Kunden das passende Geräusch parat hält.
Am Montag kommt zum Beispiel die Straßenlaterne ins Geschäft und bittet ihn um ein paar lautstarke Straßengeräusche, damit sie nachts schlafen kann. Die Laterne ist nämlich an eine gewisse Geräuschkulisse gewöhnt, und nachts ist es ihr mangels Autoverkehr viel zu ruhig.
Einen Tag später braucht der engagierte Zirkusdirektor eine ordentliche Stimmungskanone, um den Zirkus Simsalabim beim Straßenumzug durch den Ort lautstark ankündigen zu können.
„Die Kapelle ist krank“, sagt er und benötigt nun Hilfe.
Am Mittwoch verlangt das ausgelaugte Gespenst Gruselgeräusche, damit es in der folgenden Nacht so richtig durchstarten kann.
In allen Fällen kann der Händler natürlich helfen. Er kramt in seinen Dosen, öffnet Schachteln, sammelt Laute zusammen, horcht an Kästchen und Gläsern, bevor er sich für die passenden Geräusche für seine Kundinnen und Kunden entscheidet.
Sein schier endloses Sortiment brumselt, sumselt, knirscht, und knöchert unglaublich. Er kennt sich aus und weiß genau, was seine Kunden brauchen.
Als er für die Reisekrähen afrikanische Geräusche zusammensuchen soll, packt ihn auf einmal selbst die Sehnsucht nach fernen Ländern, in denen er auf die Suche nach neuen, außergewöhnlichen Geräuschen gehen kann.
Das Buch unterliegt einer gewissen Struktur - sortiert nach den Wochentagen und den auffälligsten Kunden am Tag. Die Autorin nutzt immer gleiche Sätze oder Satzanfänge, die bei der Textmenge einen roten Faden in der Geschichte mimen.
Die meist großflächigen Illustrationen untermalen den Text hervorragend. Ein Genuss! Unwillkürlich geht man als Leserin oder Leser plötzlich anders hellhörig durch die Welt.
Mit einem säuselnden Ping, Paff, Puff und einem scheppernden Klingalong sehr gerne empfohlen.
Anja Kuypers
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Der Geräuschehändler
Kathrin Rohmann
Illustrationen von Jule Wellerdiek
Knesebeck Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3957287175
16 €
„Was macht die Nacht?“ von Dirk Gieselmann, Aladin Verlag (2023)
Eine wunderbare Vater-Tochter-Geschichte wartet auf interessierte Leserinnen und Leser.
Beide Protagonisten bleiben namenlos. Sie sind vielmehr der knappe Wegweiser durch das Buch und einer Szenerie zur guten Nacht.
Als die Tochter um acht Uhr am Abend ins Bett soll, löchert sie ihren Vater: „Was ich dich schon immer mal fragen wollte.....[...] Was passiert eigentlich, wenn ich schlafe?“
Der Vater antwortet geduldig. Aber statt eines neutralen Berichtes über das Verhalten der Tiere bei Nacht oder eines naturwissenschaftlichen Ansatzes, hat er andere Beispiele im Gepäck.
Poetisch und phantastisch formuliert erzählt er, was in jeder Stunde zwischen dem Einschlaf- und Aufwachmoment passieren könnte.
„Um elf Uhr, wenn du so fest schläfst wie noch nie, wird jemand Weltmeister im Spazierengehen, hört die Nachtigall ihre Lieblingsschallplatte, heult die Alarmanlage nach ihrer Mutter....“
Nach jeder, durch den Vater erzählerisch skizzierten Stundengeschichte, horcht die Tochter nach: „UND DANN?“
Weiter geht`s mit den kreativen Ideen: „... hebt der Kran ganz sacht die Pakete mit den Träumen in alle Kinderzimmer, fahren der Nachtwächter und der Einbrecher gemeinsam zur Arbeit.....“
Auf den großflächigen, meist doppelseitig umfassenden Illustrationen ist immer der Mond zu sehen. Es scheint fast, als seien die Zeichnungen leicht verschwommen. So, als würden Schlaf und Traum ineinander verschmelzen...
Das Zwiegespräch zwischen Vater und Tochter findet parallel zu den träumerischen Ausflügen weiterhin statt.
Ein wunderbares Buch mit einem anderen Ansatz als Gute-Nacht-Geschichte.
Anja Kuypers
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Was macht die Nacht?
Dirk Gieselmann
Illustrationen von Stella Dreis
Aladin Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3848902095
20 €
„Lesen ist doof“ von Nils Freytag und Silke Schlichtmann, Hanser Verlag (2023)
In der Größe eines Geschenkbandes kommt dieses Buch mit ganz viel Macht daher.
So konnten Nils Freytag und Silke Schlichtmann weitere 20 Illustratorinnen und Illustratoren gewinnen, um dieses Werk zum Thema Lesen zu gestalten.
Jede*r schuf eine Illustration, die auf der jeweils rechten Seite abgebildet ist, und auf der linken Seite befindet sich nur ein Satz, der immer mit den gleichen Worten „Lesen ist doof, weil....“ beginnt.
„..., weil ich nicht einschlafen kann.“ oder „..., weil ich es noch nicht kann.“ oder „..., weil Bücher echt nicht schmecken.“
Viele Gründe, warum Lesen einfach doof ist. Zu keinem Zeitpunkt wird auch nur ansatzweise versucht zu erklären, dass Lesen vielleicht doch ganz nützlich oder wertvoll sein kann.
Denn während des Lesens der abgebildeten Zeilen und während des Betrachtens der Illustrationen entwickeln sich automatisch zahlreiche Gegenargumente im Kopf der Leserinnen und Leser.
Eine Form der umgekehrten Psychologie. Wunderbar gelöst!
Eine Hommage an das Lesen auf ganz andere Art und Weise.
Kleinformatig und wortkarg. Aber intensiv und nachhaltig.
Sehr gerne empfohlen.
Anja Kuypers
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Lesen ist doof
Nils Freytag und Silke Schlichtmann
Illustrationen von 20 verschiedenen
Hanser Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3446275980
15 €
„Das Aquarium bleibt heute geschlossen“ von Michael Augustin, Thienemann Verlag (2023)
„Der Hecht fühlt sich schlecht. Der Butt ist kaputt.“ Oder „Der Scholle geht`s nicht dolle. Die Quappe zieht `ne Flappe.“
Was ist denn hier los?
In Paarreimen wird über viele verschiedene Fische geschrieben, denen es allesamt überhaupt nicht gut geht. Von der Dorade über den Rochen bis zum Wels. Und den laust der Pelz.
Alle Schwimmtiere haben ein Leiden, was sie sehr unglücklich aussehen lässt. Der eine hat einfach nur Kummer, die nächste hat gebrochen. Von allem etwas.
Im Aquarium sieht es deshalb sehr trostlos aus. Nur niedergeschlagene Fische, die sich unwohl fühlen. Also wird am Ende entschieden, dass das Aquarium heute geschlossen bleibt.
Auf jeder Seite im Buch werden ein bis zwei Fischarten illustriert. Traurig und müde, einfach fertig sehen sie aus. Es gibt also einen guten Grund, weshalb sie bitte heute niemand durch die Scheiben des Aquariums ansehen sollte. Aber die Leserinnen und Leser tun es trotzdem...
Mitfühlend und doch ein wenig amüsiert über die Darstellung der Tiere, unterhält das Buch mit witzigen Reimen. Auch wenn zum Schluss noch eine Wendung schön gewesen wäre....
Wichtig, dass die Zielgruppe dieses Bilderbuches erfährt: allen Lebewesen geht es irgendwann mal nicht gut. Jeder fühlt sich mal unwohl und hat keine Lust zu irgendwas. Auch Fische.
Ein hübsches Buch, für das sich nach einer gemeinsamen Betrachtung gerne ein Ende ausgedacht werden darf.
Anja Kuypers
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Das Aquarium bleibt heute geschlossen
Michael Augustin
Illustrationen von Andrea Ringli
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3522459853
15 €
„Herr Kleemann und sein Fisch“ von Beate Teresa Hanika, Mixtvision Verlag (2023)
„Als Herr Kleemann zum Fluss kommt, ist es noch dunkel. Er packt seinen Klappstuhl und seine Angel aus, setzt sich auf den Stuhl, wirft die Angel ins Wasser und ist zufrieden.“
Ein echter Angler kann sich in Geduld üben und so vergehen tatsächlich einige Stunden, bis Herr Kleemann einen großen Fisch an der Angel hat.
„Er ist silbern und am Bauch hat er goldene Punkte.“ Der Eimer, den er für seinen Fang vorgesehen hat, ist eigentlich zu klein für das Tier. Also geht er zügig nach Hause und entlässt den Fisch in die Badewanne.
„Wenn Herr Kleemann die Augen schließt, hört er das leise Blubbern der Bläschen, die aus dem Maul des Fisches kommen.“
Das Tier ist einfach zu schön, um es zu essen. Also verbringen Herr Kleemann und seine Frau fortan die meiste Zeit im Badezimmer, um dem Fisch Gesellschaft zu leisten.
Das Leben könnte nicht besser sein.
Aber von Tag zu Tag geht es dem Fisch schlechter und das Ehepaar Kleemann muss eine Entscheidung treffen...
Welch wunderhübsche Geschichte über eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die über das Umsorgen eines Tieres wieder enger zueinander finden.
Drei Handlungsteilnehmer mit gleichberechtigten Parts, die zurückhaltend innig miteinander verbunden sind. Es lohnt sich immer, das Kleine, das Unscheinbare genauer anzusehen und das Glück zuzulassen.
Ein Bilderbuch mit farbenprächtigen Illustrationen, das nachhaltig die Themen Miteinander und Füreinander aufgreift.
Anja Kuypers
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Herr Kleemann und sein Fisch
Beate Teresa Hanika
Illustrationen von Merle Goll
Mixtvision Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3958541962
17 €
„Am Leuchtturm gibt es Erdbeereis“ von Katja Gehrmann und Constanze Spengler, Moritz Verlag (2023)
Welch wunderbare Anknüpfung an den ersten Titel des kreativen Autoren-Illustratoren-Duos Gehrmann und Spengler „Seepferdchen sind ausverkauft“.
Die beiden bedienen sich auch hier wieder der bekannten Protagonisten des ersten Buches und schicken sie diesmal in den Urlaub auf eine Insel, die auf den Umschlagseiten in Gänze abgebildet ist.
Papa und Mika, aus deren Perspektive der Text geschrieben ist, wollen es sich so richtig schön machen. „Morgens gehen wir zum Strand und schwimmen oder spielen Federball.“
Es könnte kaum besser sein. Jetzt fehlt nur noch das tägliche Eis vom Eiswagen, der immer am Strand Halt macht. Da Papa an einem Morgen mit seinem dicken Buch beschäftigt ist und partout weiterlesen möchte, darf Mika alleine zum Eiswagen gehen. Muss aber versprechen, auf keinen Fall weiter, als bis zum Eiswagen zu gehen. „Ist doch klar.“
Was Papa zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen kann, dass Mika eine unfreiwillige Inselrundfahrt unternehmen wird. Denn sie erwischt den Eiswagen nicht mehr und „reist“ ihm quer über die Insel hinterher. Dabei erfährt sie Unterstützung durch einen Esel, eine Postbotin, der Frau vom Gemüsestand auf dem Markt, einem Busfahrer, einem Kapitän, einem Taxifahrer und sogar von einem Piloten. Irgendwo muss dieser Eiswagen doch sein....
Aber Mika hält sich an ihr Versprechen, das sie ihrem Vater zu Beginn gegeben hat.
Wie sie das wohl anstellt? Nun, dieses sehr unterhaltsame und extremst charmante Buch hat die Antworten parat.
Hier und da gibt es Anspielungen auf den ersten Titel. Geschickt eingebaut erzeugen sie nette Schmunzelmomente beim Betrachter.
Wieder einmal eine wunderhübsche Vater-Tochter-Geschichte, die das Herz öffnet.
Und nur „Gut, dass Papa so gerne dicke Bücher liest.“
Sehr gerne empfohlen!
Anja Kuypers
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Am Leuchtturm gibt es Erdbeereis
Constanze Spengler
Illustrationen von Katja Gehrmann
Moritz Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3895654381
15 €
„Der kluge Keks“ von Jory John, Adrian Verlag (2023)
In der Ich-Perspektive empfängt ein namenloser und mit bunten Streuseln verzierter Keks die Leserinnen und Leser auf der ersten Seite.
Ausgestattet mit Armen und Beinen sieht man ihn über einen Zebrastreifen laufen, in Richtung einer Bäckerei, in der er lebt.
„Es ist ein warmer und freundlicher Ort, um dort seine Zeit zu verbringen.“
Und dann beginnt der Keks aus seiner Vergangenheit zu erzählen, die für ihn nicht immer so rosig und süß war, wie es heute der Fall ist. Er berichtet von seinen Schwierigkeiten in der Schule...
„Manchmal hatten wir Schulstunden, in denen ich überhaupt keine Ahnung hatte, worum es ging. Ich konnte einfach nicht mithalten.“
Dabei wäre er doch so gerne ein smarter Keks gewesen, der immer Antworten auf alle Fragen parat hat.
Glücklicherweise hatte der Keks bei Frau Biscotti Unterricht, die alle Kekskinder ermutigte, etwas zu erschaffen, was einzigartig ist.....
Von da an änderte sich das Leben des Kekses schlagartig, und er möchte mit diesem Buch seine positiven Erfahrungen mit den jungen Leserinnen und Lesern teilen, ihnen Mut zusprechen, falls sie eines Tages in eine ähnliche Situation geraten sollten.
Es braucht nicht immer die ausgefallensten Fähigkeiten und das Aufstellen von Rekorden. Manchmal sind es vielmehr die kleinen Dinge, die unauffälligen Sachen.
Ein Mut-Mach-Buch, das vermitteln will, an sich selber zu glauben.
Darauf zu vertrauen, dass immer wieder alles gut werden wird.
Anja Kuypers
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Der kluge Keks
Jory John
Illustrationen von Pete Oswald
Adrian Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3985851225
12,95 €
„Alfonso geht angeln“ von John Hare, Moritz Verlag (2023)
Der amerikanische Autor und Illustrator John Hare, der mit der textlosen Bilderbuchreihe über eine Schulklasse und ihre außergewöhnlichen Ausflüge zum Mond, in die Tiefsee und auf den Vulkan Furore machte, widmet sich in diesem Buch der seltenen Tierrasse, den Alligatorschildkröten.
Die riesigen Kriechtiere suchen sich unter Wasser ihr Essen. Dazu reißen sie das Maul weit auf und wackeln mit ihrer wurmartigen Zunge, um Fische anzulocken.
Der sympathische Protagonist Alfonso gehört dieser Spezies an.
„Alfonso angelte für sein Leben gern. Es war sein liebster Zeitvertreib. Eines Morgens zog er los, um sich sein Frühstück zu angeln. […] Alfonso taucht tief in den Teich hinab.“
Wie beschrieben sieht man die mächtige Schildkröte auf dem Boden des Sees liegen und mit geöffnetem Mund auf Beute warten. Er übt sich in Geduld, und tatsächlich taucht irgendwann eine kleine Elritze auf. Erst eine, dann ein ganzer Schwarm. Alfonso freut sich. Und sein Magen auch.
Dass die vielen, kleinen Elritze aber diesen „Wurm“, also seine Zunge, der Oma zum Geburtstag schenken wollen, weckt ungeahnte Empathie in ihm.
Er kann doch nicht einfach die Oma samt Familie verspeisen? Und noch dazu an ihrem Geburtstag?
Alfonso mutiert zum Freund und Retter in der Not und weiß auf einmal die anderen Qualitäten des Lebens zu schätzen.
Eine unglaublich warmherzige Geschichte über eine massige Kröte mit sanftem Charakter.
Der Text fügt sich auf den wunderbaren, ganzseitigen Illustrationen ein.
Und wer zu diesem Zeitpunkt noch kein Schildkröten-Fan ist, wird es dann garantiert werden.
Ein typisches John Hare Buch mit dem Potential zum Bestseller.
Anja Kuypers
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Alfonso geht angeln
John Hare
Übersetzunng von Bettina Münch
Moritz Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3895654374
15 €
„Jan der kleine Maler“ von Jean-Luc Englebert, Picus Verlag (2023)
Jan ist recht klein für sein junges Alter. Er trägt eine grüne Kluft und eine gelbe Mütze. Aber Jan ist schon alt genug, um zu arbeiten.
Denn die Geschichte spielt im späten Mittelalter. Eine Zeit, in der es üblich war, dass auch Kinder arbeiteten.
Zu Beginn sehen wir eine für damalige Zeiten typische Marktszene. Vielleicht in Venedig?
Der kleine Protagonist ist als Lehrjunge auf dem Weg zu seinem Meister, einem Maler, in das Atelier. Als Zuarbeiter bereitet er mit weiteren Lehrjungen die Holztafeln vor, damit der Künstler sie bemalen kann. Alle Lehrjungen fühlen sich geschmeichelt und können froh sein, diese Arbeiten verrichten zu dürfen.
Als Jüngster unter ihnen darf Jan noch nicht viele Arbeiten erledigen und hat deshalb Zeit, den Meister bei der Arbeit zu beobachten.
Den ausgefeilten Arbeitsstil des Künstlers versucht Jan allabendlich in seinem Zuhause zu kopieren. Irgendwann möchte er genauso gut sein.
Als dem Künstler ein umfangreicher Malauftrag zuteil wird, stellen die Ateliermitarbeiter fest, dass nicht mehr genügend blaue Farbe vorhanden ist. Ob Jan eine Idee hat?
In der Geschichte werden die Grundlagen der Malerei verarbeitet.
Jede Buchseite ist illustratorisch gleich strukturiert: die Bilder umfassen zwei Drittel einer jeden Seite, und der Text ist für den restlichen Platz unterhalb der Illustrationen vorgesehen.
Englebert arbeitete zunächst als Comiczeichner, dessen Ursprung man hier noch spürt.
Übers Pinsel anspitzen und Mörsern von Farbpigmenten. Und einen Jungen, der seinen Traum verwirklichen möchte und sein Können unter Beweis stellen darf.
Wie aus Leidenschaft Profession werden kann.
Anja Kuypers
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Jan der kleine Maler
Jean-Luc Englebert
Picus Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3711740328
18 €
„Ich bin Victorine“ von Jet van Overeem, Gerstenberg Verlag (2023)
Victorine ist unsportlich. Victorine hat keine Freunde. Victorine hat lange dünne Beine. Victorine hat einen unaussprechlichen Namen. Und Victorine errötet, wenn sie im Unterricht etwas gefragt wird.
Scheinbar viele Gründe, um von den Mitschülern dreist und gemein gemobbt zu werden. Immer wieder machen sie sich über sie lustig. Zeitweilig fragt sie sich selber, ob die Kinder womöglich Recht haben....
Durch und durch verunsichert läuft sie durchs Leben und sucht Rat bei einer Katze oder einem Baum. In der Ich-Perspektive lässt sie die Leserinnen und Leser an ihren Selbstzweifeln teilhaben und spricht sie direkt an: „Findet ihr es fies, dass die Kinder das taten?“
Nur an den Wochenenden oder in den Ferien kommt Victorine zur Ruhe, kann entspannen und so sein, wie sie wirklich ist. Ein fröhliches Mädchen, die die Natur liebt und gerne Fahrradausflüge unternimmt.
Und plötzlich wird sie von einem anderen Kind angesprochen und zum Spielen eingeladen....
Eine Wende in dem Leben des kleinen Mädchens, das schon so viel Häme und Gemeinheiten ertragen musste.
Jeder Mensch ist einzigartig. Und das ist auch gut so!
Ein Buch über Respekt und Würde, über Selbstvertrauen und Mut in der Welt der kleinen Victorine, die viel stärker ist, als sie es zu glauben wagt.
Anja Kuypers
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Ich bin Victorine
Jet van Overeem
Illustrationen von Annemarie van Haeringen
Gerstenberg Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3836961950
14 €
„Felix und sein Monster“ von Henrike Wilson, Gerstenberg Verlag (2023)
Der kleine Felix ist ein wenig ängstlich. Er erschreckt sich schon, wenn eine Katze seinen Weg kreuzt oder ein Hund ihn ankläfft. Immer macht er sich zu viele Sorgen und Gedanken.
Im Kindergarten wäre er doch so gerne wie sein Freund Paul, der wilde Schaukelmanöver unternimmt und dabei gar keine Angst hat. Felix bewundert ihn sehr.
Eines Nachts träumt er davon, dass alle Kinder ihm im Kindergarten „Angsthase“ hinterherrufen.
Und schon wieder verspürt er ein Kribbeln im Bauch. Diese doofe Angst! Am meisten ärgert er sich über sich selbst. Die Wut in ihm wächst heran und will raus...
Von nun an werden in dem Buch die Angst und die Wut groß, schwarz und zottelig illustriert.
Denn Felix malt „sein Monster“ auf, und vor diesem hat er erstaunlicherweise gar keine Angst.
Es lebt ja lediglich auf dem Papier. Mit dem „Monster“ kann er sogar toben und eingekuschelt schlafen. Und mit ihm an seiner Seite kann er auch genauso wild schaukeln wie sein Freund Paul. Selbst der bellende Hund des Nachbarn macht ihm keine Angst mehr und er kann ihn streicheln.
Auf jeder Seite wird in die Szene gezoomt. Ein direkter Blick, ohne viel Schnick und Schnack. Gekonnt gelöst und hervorragend illustriert.
Anja Kuypers
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Felix und sein Monster
Henrike Wilson
Gerstenberg Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3836961578
16 €
„Ruby mit den roten Schuhen“ von Kate Knapp, Esslinger Verlag (2023)
„Ruby mit den roten Schuhen ist ein weißes Häschen“, so heißt es direkt zu Beginn des gefühlvollen Bilderbuches.
Schon als Baby hatte Ruby immer kalte Füße, sodass ihre Großmutter ihr dicke, weiche, rote Schühchen strickte. Seitdem trägt liebt das Häschen, das immer noch bei ihrer Oma im bunten Bauwagen lebt, rote Schuhe und trägt keine anderen Farben mehr.
Die Großmutter hat ihr Vieles beigebracht, was es braucht, um ein zufriedenes Leben führen zu können. „Von ihrer Oma hat Ruby auch gelernt, mit Tieren, Pflanzen und Bäumen zu sprechen.“ Die kleine Ruby ist ein durch und durch freundliches Häschen, die fröhlich ist und respektvoll mit anderen umgeht. „Ruby liebt auch die Ruhe und den Frieden in ihrem Garten.“
Ein unaufgeregtes Buch, das weitestgehend ohne Spannungsbogen auskommt. Und dennoch berührt es! Es braucht nicht immer die wilden Abenteuer, gemeine Gegenspieler oder dramatische Szenen. Hier geht es um eine einzigartige Großmutter-Enkelin-Beziehung, die an Tiefe kaum zu toppen ist. Die zwei sind eins. Sie lieben das, was sie tun. Und noch besser: sie können das tun, was sie lieben.
Genauso zart wie der Text, schmiegen sich die farbenprächtigen Zeichnungen auf den Seiten an und suchen einen Weg in das Herz der Leserinnen und Leser. Zu keinem Zeitpunkt kitschig.
Der australischen Autorin gelingt das Aufzeigen eines Alltags, wie er den meisten Menschen im Laufe der Jahre abhanden gekommen sein dürfte.
Anja Kuypers
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Ruby mit den roten Schuhen
Kate Knapp
Esslinger Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3480238460
12 €
„Mama macht Feierabend“ von Madlen Ottenschläger, Carlsen Verlag (2023)
Wer kennt nicht dieses kurze Wörtchen „SO“, dass trotz seiner Kürze so viele Botschaften aussenden kann. Beginnt vielleicht gerade etwas oder geht etwas zu Ende?
In dieser Geschichte ahnt der kleine Anton nichts Gutes, als seine Mutter die ach so heimelige Spielsituation am frühen Abend mit dem Wort „SO“ kommentiert.
Er weiß genau: jetzt muss er sich fürs Bett fertigmachen. Aber unser kleiner Protagonist ist pfiffig und weiß genau, wie er das Procedere hinauszögern kann...
Da ist der noch dringend benötigte, letzte Toilettengang vor der langen Nacht. Ein Schlückchen Wasser gegen den Durst, das freiwillige Aufräumen der Spielsachen, die sich noch nicht in ihre Kisten verzogen haben. Und natürlich eine „Kratz-Kuschel-Einheit“ von Mama, die schon leidlich die Augen verdreht, weil der Jüngste partout noch nicht schlafen möchte und sie doch den Feierabend herbeisehnt.
„Feierabend?“, denkt Anton und blinzelt. „Was soll das sein?“
Kurzerhand steht er unbemerkt, als Mama ihn schon in den tiefsten Träumen vermutet, wieder aus seinem Bett auf, schleicht sich aus seinem Kinderzimmer und beginnt, seine Mutter beim „Feierabendmachen“ zu beobachten.
Und was er dann sieht, verschlägt ihm die Sprache....
Er sieht zum Beispiel, wie sie viele Süßigkeiten am Abend isst, und hört sie dann auch noch pupsen. Das geht ja mal gar nicht...
Für die Leserinnen und Leser bleibt die Antwort offen, ob Anton träumt oder ob seine Mutter tatsächlich all diese Dinge macht, für die er vermutlich getadelt werden würde.
Mit ganz viel Humor erzählt Madlen Ottenschläger aus dem Leben einer Mutter, die nach getaner Arbeit ihren Feierabend nach allen Regeln der Kunst genießen möchte und am Ende des Tages erschöpft auf die Couch fällt.
Eine amüsant kurzweilige Geschichte, die an der Seite wunderbar gelungener, farbenprächtiger Illustrationen ein großes Ganzes ergibt.
Wer also das Rätsel um den sagenumwobenen Feierabend lösen möchte, - so wie der kleine Anton es macht - sollte sich dieses Buch gönnen. Sehr gerne empfohlen!
Anja Kuypers
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Mama macht Feierabend
Madlen Ottenschläger
Illustrationen von Marta Balmaseda
Carlsen Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3551519832
13 Euro
„Omas Pakete“ von Matthias Kröner, Beltz und Gelberg Verlag (2023)
„Die Pakete von Oma sind deshalb so toll, weil sie vom anderen Ende der Welt zu mir kommen“, sagt die junge Protagonistin, deren Freude auf das nächste Überraschungspaket der Großmutter nicht größer sein könnte.
Dann sieht man die Oma in ihrem Haus stehen, wie sie das in rosa Papier eingewickelte Paket mit bunten Stickern verziert und die große blaue Schleife final umbindet.
Im Hintergrund und mit Blick durch das Fenster des Hauses schimmert der blaue Ozean.
Das Paket ist fertig und tritt nun seine weite Reise an.
Über den Ozean, durch Wälder, über Flüsse, durch die Stadt, mit dem Schiff, mit dem Fahrrad, mit dem Zug oder Auto und dem Flugzeug. Kaum ein Verkehrsmittel, kaum ein naturales Hindernis wird ausgespart. Jeder noch so vorstellbare Transportweg wird hier dargestellt und wunderbar in Szene gesetzt. Am Tage und in der Nacht.
„Sie sind im Regen gestartet und im Regen gelandet.“ Sogar der Zoll wird erwähnt, der seiner Arbeit nachkommt und als einziger in das Innere des Paketes schauen darf. So viele Menschen halten das Paket in Händen, ahnen vielleicht oder wissen sogar, was in ihm steckt.
Die Leserinnen und Leser bleiben allerdings ahnungslos. Und das soll auch bis zum Ende des Buches so bleiben...
Hier wird einmal mehr verdeutlicht, wie groß unsere Welt tatsächlich ist. Aber auch wie groß innige Verbundenheit sein kann, die keine Grenzen kennt.
Und eine Enkelin, die jedes Paket von der Oma mit Spannung erwartet.
Wunderbar gezeichnet und gefühlvoll getextet.
Anja Kuypers
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Omas Pakete
Matthias Kröner
Illustrationen von Taltal Levi
Beltz und Gelberg Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 30 Seiten
ISBN 978-3407757098
14 €
„Kommt ein Alligator in die Stadt“ von Judith Henderson, Thienemann Verlag (2023)
Ein namenloser Junge, der mitten im Wald in einem roten Haus lebt, spaziert eines Tages umher und macht eine unglaubliche Entdeckung.
Denn untypisch für diesen Lebensraum trifft er im Wald auf einen Alligator, der sich in einer Pflanzenranke verfangen hat.
Damit das Reptil ihn nicht frisst, während er es befreit, füttert der Junge das Tier sehr großzügig und singt ihm Einschlaflieder vor, bis der Alligator tatsächlich schläft.
Ranke durchschneiden – befreien – weglaufen. Der Plan geht auf!
Doch alles Fortlaufen nützt nichts, denn der Alligator folgt dem Jungen bis zum roten Haus und sucht weiterhin seine Nähe.
Trotz anfänglicher Bedenken freunden sich die beiden an und haben eine schöne, gemeinsame Zeit. Wären da nur nicht die ängstlichen Städter und der böse drein blickende Bürgermeister, der erst recht nichts Gutes im Sinn hat. Alle sind nicht damit einverstanden, dass in ihrer kleinen Gemeinde von nun an ein großer Alligator leben soll.
Der Junge macht es sich zur Aufgabe, die Menschen von der Harmlosigkeit und Liebenswürdigkeit des Tieres zu überzeugen.
An der Seite wunderschöner Illustrationen handelt der Text von Mut, Überzeugungskraft, Freundschaft und Schutz von Lebewesen, die unsere Hilfe benötigen.
Eine Abenteuer-Geschichte aus dem englischen Sprachraum, die mit Gegensätzen spielt und zum Schluss eine unerwartete Wendung vorhält.
Durch und durch gelungen und daher gerne empfohlen.
Anja Kuypers
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Kommt ein Alligator in die Stadt
Judith Henderson
Illustrationen von Andrea Stegmaier
Thienemann Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3522460101
15 €
„Was passiert denn da?“ von Antje Damm, Gerstenberg Verlag (2023)
Die wunderbare Autorin und Illustratorin Antje Damm, die es immer wieder schafft mit ihren ausgefallenen Büchern rundum zu begeistern, trifft auch mit diesem Titel den besonderen Ton.
Sie öffnet einmal mehr Tür und Tor in kreative, phantastische Welten, die für Kinder und Erwachsene gleichermaßen einladend sind.
In diesem Buch wird auf der Vorderseite eine meist fotorealistische Szene dargestellt, und auf der jeweiligen Rückseite wird diese fortgeführt oder gänzlich aufgelöst.
Zum Beispiel zeigt Damm einen Hund, der auf der Vorderseite den Blick vom gedeckten Tisch nicht abwenden kann. Was wird wohl passieren? Wer umblättert erfährt, dass der Hund es nicht nur beim Blick belässt, sondern sich wohlwollend bedient, bevor der Mensch vor einem leeren Teller sitzt.
Seiten später sehen wir ein Mädchen, das einen Hund ohne Ohren im Arm hält. Wird sie ihm helfen können?
Oder was wird aus den vielen Buntstiften, die neben einem Modellauto wahllos auf einem Tisch herumliegen?
Und wie wird sich der Junge verhalten, um dessen Kopf eine Fliege penetrant umherfliegt und ihn nervt?
Umblättern und staunen lautet das Motto.
Antje Damm hat diesen besonderen Blick und bedient sich hier verschiedener Themen, wie Angst, Zerrissenheit, Freude, Liebe und so viel mehr.
Sie beschönt Nichts und erspart sich und ihren Leserinnen und Lesern Klischees.
Die von ihr geschaffenen Erzählanlässe begeistern große und kleine Leutchen. Sehr gelungen!
Anja Kuypers
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Was passiert denn da?
Antje Damm
Gerstenberg Verlag (2023)
Bilderbuch
gebunden, 96 Seiten
ISBN 978-3836961943
16 €
„Tumult auf Santa Paulina“ von Barbara Müller, Marta Press (2023)
Handlungsort dieser kurzweiligen Geschichte ist eine kleine Insel, mitten im nicht näher benannten Meer, auf der ein einzelner Berg steht.
Und ganz oben, auf der Spitze des Berges steht ein Schloss, in dem die beiden sympathischen Prinzessinnen Zoe und Sunniva leben.
Außer ihnen wohnen noch die beiden liebenswerten „Monster“ Rosi und Viola dort, die die Prinzessinnen vor Bösewichten beschützen sollen.
Wie sie das machen? „Rosi kann ihr rosiges Fell in klebrige Zuckerwatte verwandeln.“
Die Feinde kleben dann einfach an ihr fest.
Und Viola fängt die Angreifer auf andere Art und Weise. „Wenn sie ihr zu nahe kommen, blubbert Viola einfach riesige Blubberblasen um die Bösewichte herum und bläst sie damit hoch in die Luft.“
Bestens geschützt durch die beiden flauschigen Bodyguards leben alle ein entspanntes, fröhliches Leben auf dem Schloss.
Als Viola und Rosi allerdings zu einer dreitägigen Monsterparty auf das Festland eingeladen werden und das Schloss verlassen müssen, sind die Prinzessinnen auf sich alleine gestellt.
Ihren Mut müssen sie unmittelbar nach der Abreise der Flauschis unter Beweis stellen, als die ersten Bösewichte auftauchen.
Selbst ist die Frau, selbst sind die Mädchen. Erfinderisch kreativ schlagen sie die Angreifer in die Flucht. Girlpower pur!
Eine hübsche Geschichte über zwei Prinzessinnen, die keineswegs ihr adeliges Klischee erfüllen, sondern mutig und vorausschauend handeln.
Die Autorin verwendet viel wörtliche Rede, die das Lesen / Vorlesen on top auflockert.
Und die ansprechenden, kindgerechten Illustrationen geben dem Buch den letzten Schliff, um es an dieser Stelle gut und gerne empfehlen zu können.
Anja Kuypers
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Tumult auf Santa Paulina
Barbara Müller
Illustrationen von Ann-Kathrin Nikolov
Marta Press (2023)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3968370187
22 €
„Anja und der besondere Apfelkuchen“ von Cornelia Schwarzer, Marta Press (2023)
Dieser Titel stammt, wie so viele weitere wunderbare Bücher aus der Reihe „Alle dabei“. Geschichten, die in leichter Sprache geschrieben wurden und somit allen Interessent*innen einen sanften Einstieg in die Welt des Lesens ermöglichen.
Große Zeilenabstände, einfache Satzkonstruktionen und eine serifenarme Schriftart sind nur einige der Eckpunkte, die für leichte Sprache stehen.
In der Geschichte wird eine Familiensituation beschrieben, wie sie immer und überall passieren könnte. Tochter Anja kehrt an einem Freitag von der Schule zurück nach Hause zurück, und der Vater empfängt sie mit einem leckeren Mittagessen.
Als Mama etwas später von der Arbeit heimkommt, muss sie sich schnell umziehen, denn ihre Freundin Marlene hat ihren Besuch angekündigt.
Papa und Anja helfen beim Tischdecken und bereiten die Getränke vor.
Marlene bringt einen selbstgebackenen Apfelkuchen mit. „Dieser Kuchen ist etwas Besonderes. Ich habe die Äpfel nämlich gerettet“, sagt sie und erläutert der Familie die Idee hinter dem Projekt der Lebensmittelrettung.
Alle sind begeistert und wollen nun ebenfalls Lebensmittel retten, verwerten und mit anderen teilen. Lebensmittel, die einfach nur nicht mehr der „Supermarkt-Norm“ entsprechen und die ansonsten weggeworfen werden müssten.
Dabei eignen sie sich doch noch für so viele schmackhafte Dinge, wie beispielsweise diesen veganen Apfelkuchen, dessen Rezept am Ende des Buches abgedruckt ist.
Außerdem werden manche Kernbegriffe der Geschichte im Anschluss noch in Gebärdensprache dargestellt.
Die Farb- und Musterwahl der auf den Text abgestimmten Illustrationen wechseln von Seite zu Seite und gestalteten das Buch somit durch und durch bunt.
Ein absolut gelungenes Buch in literarischer und illustratorischer Vielfalt zum Thema Lebensmittelrettung.
Einfach mal lesen und dabei ein schönes Stückchen Apfelkuchen genießen.
Anja Kuypers
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Anja und der besondere Apfelkuchen
Cornelia Schwarzer
Illustrationen von Olesja Reiser
Marta Press (2023)
Bilderbuch
gebunden, 44 Seiten
ISBN 978-3968370125
22 €
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„Die Wolke unterm Dach“ von Chris Silber, 360 Grad Verlag (2022)
„Lilly liebte das Leben.“ Ein kleines, fröhliches Mädchen mit braunen Wuschelhaaren, die ihrer Mama jeden Morgen, vor dem Kindergarten, ein Bild malt.
„Mama lächelte, aber in ihren Augen war es wolkig.“ Denn Mama hat Krebs...
Dieses Buch nähert sich bildgewaltig und mit treffender, kindgerechter Sprache dem Thema Tod in der Familie. In personeller Erzählweise gelingt die Darstellung der verschiedenen Trauerphasen beim Erwachsenen und beim Kind. So versucht Lilly, die kurz nach dem Tod der Mutter den Verlust noch gar nicht realisiert hat, zunächst ihren Vater zu trösten. Dieser hat ihr versichert, dass Mama nun auf einer Wolke lebt. Und was macht die Tochter? Sie zeichnet jede Menge Möglichkeiten auf, wie sie mit ihrem Papa zur Wolke gelangen kann.
Irgendwann kann auch Lilly den Tod und den Verlust spüren, und nun spendet der Vater Trost.
Zum Ende der Geschichte finden Vater und Tochter eine Lösung, die ihnen ermöglicht, etwas schmerzfreier weiterleben zu können.
Eine sehr einfühlsame Geschichte über den Abschied eines geliebten Menschen, das Trauern und das wichtige Loslassen können, um selber zu überleben.
Das Lesen dieses gerne empfohlenen Buches braucht trotz seiner zugewandt kindlichen Aufmachung immer eine erwachsene Begleitung.
Anja Kuypers
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Die Wolke unterm Dach
Chris Silber
Illustrationen von Annabelle von Sperber
360 Grad Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3961855612
16 €
„Der kleine Dalmatiner – Muk zählt seine Punkte“ von Mark Haayema, 360 Grad Verlag (2022)
Eine kurze, sympathische Geschichte in Reimform für die Kleinsten.
„Hallo, werd wach und steh auf, kleiner Hund. Muk blinzelt nur und schaut müd in die Rund.“
Der kleine Dalmatiner erhält Besuch von einer Fliege, die sich nach der Anzahl seiner Punkte erkundigt. Sie zählt und zählt, aber es bleibt bei neun Punkten.
Sehr ärgerlich, denn über einen zehnten Punkt hätte Muk sich sehr gefreut. Vielleicht kann die schwarz/weiß gefleckte Kuh von der großen Weide nebenan helfen...
Sie hat so viele Flecken und könnte doch einen abgeben, findet der kleine Vierbeiner.
In Begleitung der grünen Fliege macht er sich auf den Weg. Großformatige Zeichnungen, die auf das Wesentliche reduziert sind, begleiten den Text, der viel wörtliche Rede enthält.
Das Buch wirkt dadurch sehr lebendig. Es eignet sich zum Vorlesen. Lesespaß garantiert!
Denn der kleine Dalmatiner erhält am Ende tatsächlich seinen zehnten Punkt. Auf ziemlich ausgefallene Art und Weise, aber immerhin.
Amüsant und kurzweilig vermittelt das Buch die Botschaft: Gib niemals auf.
Keine klassische Zähl-Geschichte, und doch finden die Ziffern 1 -10 ihren Platz.
Der Titel enthält Vieles, was ein gutes Bilderbuch für die Kleinsten braucht
Anja Kuypers
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Der kleine Dalmatiner – Muk zählt seine Punkte
Mark Haayema
Illustrationen von Laury Tinnemans und Job van Gelder
360 Grad Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3961855711
14 €
„Als der Krieg nach Rondo kam“ von Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw, Gerstenberg Verlag (2022)
Als Russland 2014 die Krim annektierte, schrieben und veröffentlichten Romana Romanyschyn und Adrij Lessiw dieses Buch. Für das Künstler-Ehepaar war es damals ein Schock, den sie mit dieser Geschichte verarbeiten wollten.
Dass das Buch 2021 so aktuell wie nie sein sollte, konnten sie damals nicht ahnen. Nun ist der Titel erstmalig auf Deutsch erschienen.
Schauplatz ist die fiktionale Stadt Rondo in der Ukraine. Eine rundum fröhliche, lebendige Stadt mit einem zentral gelegenen Gewächshaus, das als Schauplatz für kulturelle Veranstaltungen dient.
„Rondo war eine besondere Stadt. Die Luft war frisch und klar, wie aus feinem Licht gesponnen.“
Unter den Bewohnern leben Danko, eine zerbrechliche Lichtgestalt mit leuchtendem Herzen, Hund Fabian mit einem gut ausgeprägtem Geruchssinn und Sirka, ein Vogel, der viel auf Reisen ist.
Anhand der Lebensumstände der drei Protagonisten wird die Geschichte erzählt, die mit dem Einzug des Krieges eine immense Wendung erfährt.
„Der Krieg kommt in die Stadt. […] Er kam wie aus dem Nichts. […] Chaos und Dunkelheit.“
Die Freunde werden verletzt, denn: „Der Krieg verschonte niemanden.“
Mit Einbruch des Bombenhagels in der Stadt verändert sich auch das Farbkonzept im Buch. Eine bedrohliche Dunkelheit zieht auf, und das Böse nimmt den Raum ein.
Aber trotz der inneren sowie äußeren Verletzungen stehen unsere Helden mutig auf und beginnen mit dem Kampf für das Gute. Die Illustrationen spielen im Wechsel mit Hell und Dunkel, bevor am Ende das Licht, „als Symbol für Bildung, Kultur und gute Ideen.“, gewinnt.
Die Gemeinschaft siegt, denn die Bewohner von Rondo lassen sich vom Krieg nicht in die Knie zwingen.
Das Bilderbuch, das weitestgehend ohne wörtliche Rede auskommt, überzeugt vollends.
Und auch wenn es in einer fiktiven Stadt in der Ukraine spielt, so lässt sich die Thematik leider auf aktuelle Geschehnisse im Land ohne Weiteres adaptieren.
Hoffen wir auf reale Heldinnen und Helden, die der Dramatik ein baldiges Ende setzen!
Anja Kuypers
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Als der Krieg nach Rondo kam
Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw
Gerstenberg Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3836962032
16 €
„Applaus!“ von Dieter Böge, Aladin Verlag (2022)
An der Kasse des tierischen Zirkus` nimmt die Katze die Schaulustigen in Empfang.
„Treten Sie näher. Lassen Sie sich verzaubern, zerstreuen und verblüffen. Erleben Sie einen atemberaubenden Abend sensationeller Sensationen... […] Vergessen Sie die Welt, die Sie kennen.“ Und dann beginnt die Show der unglaublichen Talente. Die „Luftakrobatenschwestern Lu und Li“, zwei turnende Fledermäuse begeistern das Publikum. Genau so sehr, wie die „Sprachwunderkatze Dora“, die es schafft, die Artisten in allen Sprachen der Welt in die Manege zu bitten.
Das Buch erzählt von einem bunten Wanderzirkus mit vielen verschiedenen, tierischen Akteuren, den sogenannten Bühnentieren, die allesamt über außergewöhnliche Talente verfügen.
Direkt zu Beginn, auf der ersten Umschlagseite, werden alle Handlungteilnehmer kurz namentlich erwähnt.
Im Verlauf, der als Zirkusabend dargestellten Geschichte, wird jeder Artist mit all seinen Fähigkeiten näher beschrieben. So widmet Böge jedem Tier eine Doppelseite, auf der es illustratorisch und mit Worten vorgestellt wird. Und häufig passen die zugewiesenen Talente gar nicht zu den ursprünglichen Eigenarten des jeweiligen Tieres. Hier werden wunderbare Gegensätze kreiert.
So wollte beispielsweise der Hochseilbulle Simon schon als Kalb ins Showgeschäft.
„Er hat eine künstlerische Ader“, kommentiert die Mutter seinen Werdegang in der Beschreibung.
Die Tiere werden personalisiert. Demnach wird jeder Auftritt zu einer tierischen Nummer, und es geht ausschließlich um Artistik und besondere Fähigkeiten.
Das Buch gleicht dem Programm eines unterhaltsamen Zirkusabends, und die Leserinnen und Leser mutieren zu Zuschauern.
Wirklich eindrucksvolle Illustrationen geben dem Buch die besondere Note. So verwendet die Illustratorin fast durchgängig einen dunklen Hintergrund und setzt somit die Auftritte, einem Spotlicht gleich, in Szene. Dadurch kommen die bunten Farben sehr gut zur Geltung.
Ein durch und durch gelungenes Buch, das dem Zirkus wieder seinen ursprünglichen Sinn verleiht.
Anja Kuypers
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Applaus!
Dieter Böge
Illustrationen von Verena Lichtsinn
Aladin Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3848902149
18 €
„In einem Schloss in Schottland lebte einmal ein junges Gespenst“ von Franz Hohler, NordSüd Verlag (2022)
Irgendwo in Schottland lebt ein junges Gespenst mit seinen Eltern in einem großen Schloss.
Da die Erwachsenen des Spukens müde geworden sind, muss deren Kind nun lernen, wie man sich als Gespenst richtig verhält. Vor allem muss es lernen, richtig unheimlich zu wirken.
Die Eltern zeigen ihm, wie man durch Gänge schleicht, den Kopf durch eine Wand schiebt, Leute erschreckt oder mit rostigen Ketten rasselt.
Aber wann immer das junge Gespenst es versucht, geht etwas schief. Vom Erschrecken keine Spur.
Selbst die Schlossherren scheinen unbeeindruckt.
„Wir werden dich zum unheimlichsten Gespenst in ganz Schottland in die Lehre schicken“, sagte der Vater. „Es ist das Gespenst von Whistlefield. Morgen fährst du hin.“
Das junge Gespenst ist voller Freude auf das, was es erwartet. Und als es Whistlefield mit dem Zug erreicht, scheint dies tatsächlich ein von Angst geprägter Ort zu sein. Denn alle Bewohner verstecken sich sogar tagsüber und leben im Geheimen.
„Da werde ich bestimmt lernen, wie man unheimlich ist“, meint das junge Gespenst.
Und plötzlich taucht es auf: das unheimlichste Gespenst Schottlands mit seinem langen, grünen Rauschebart und den großen Kulleraugen.
Aber was das junge Gespenst kurz darauf feststellt, hätte es nicht erwartet...
Das Buch wurde bereits 1979 erstmalig in einem anderen Verlag veröffentlicht und nun im NordSüd-Verlag neu aufgelegt.
Die Illustrationen werden durchweg in rechteckigen Panels und überwiegend in schwarzen und grünen Farbtönen dargestellt. Gruselig eben.
Mit Elementen aus der Comicszene und der Märchenwelt hat Franz Hohler seinerzeit eine Geschichte geschaffen, die nie altert und immer unterhält.
Anja Kuypers
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In einem Schloss in Schottland lebte einmal ein junges Gespenst
Franz Hohler
Illustrationen von Werner Maurer
NordSüd Verlag (2022)
Kinderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3-314-10616-3
18 €
„Das Rübchen“ von Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw, Baobab Verlag (2022)
Hier wird die Geschichte von der riesigen Rübe erzählt, für die es zahlreiche große und kleine Helferinnen und Helfer braucht, damit sie geerntet werden kann.
Das ukrainische Märchen wird seit Jahrhunderten mündlich überliefert.
Dies ist der Grund für die zahlreichen Variationen der Geschichte im Laufe der Zeit. Denn jeder erzählt es ein klein wenig anders. Und jeder lässt andere Menschen und Tiere an dem überreifen Gemüse ziehen, bis das Erdreich es endlich freigibt.
Diese nun vorliegende Adaption der Geschichte wird vom ukrainische Autorenpaar kreiert, und Baobab veröffentlicht den Titel erstmalig in deutsch und ukrainisch.
Es ist Opa Andruschka, der im Frühjahr das Beet im Garten bestellt und ein Samenkorn in die frisch vorbereitete Erde drückt.
Er hegt und pflegt den Garten sowie das Beet immer sehr gut.
So gut, dass aus dem kleinen Korn binnen kürzester Zeit eine riesige Rübe wird. So riesig, dass der Großvater zur Ernte des Gemüses alle Familienmitglieder in den Garten bittet.
Erst zieht er alleine, dann ruft er seine Frau hinzu. Danach die Enkelin. Aber auch das scheint nicht zu reichen. Selbst Hund und Katze des Hofes müssen mithelfen, damit die Rübe gezogen werden kann.
Um die stattliche Größe der Rübe besser darstellen zu können, wechselt das Autorenpaar zwischenzeitlich die Ansicht vom Hoch- in das Querformat.
Und um die wachsende Hilfsbereitschaft in der Familie zu verdeutlichen, arbeiten die beiden mit unterschiedlichen Blattgrößen. Das umzublätternde Seitenblatt wird von mal zu mal größer.
Denn nur gemeinsam sind sie stark und können Großes bewirken.
Eine illustratorische Mischung aus modern und alt, aus Collage und Druck mit leicht retrohaft wirkenden Bildern.
Die Geschichte weckt Erinnerungen an längst vergangene Zeiten und bleibt trotzdem anhaltend aktuell.
Anja Kuypers
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Das Rübchen
Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw
Baobab Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3907277140
20 €
„Franziska und die Wölfe“ von Pija Lindenbaum, Moritz Verlag (2022)
Heute unternimmt die Kita mit Frau Köpke einen Ausflug in den Wald. Alle Kinder freuen sich und sind sehr aufgeregt. Nur die kleine Franziska hat wirklich überhaupt keine Lust dazu, denn sie hat vor so vielen Dingen Angst.
Sie streichelt keine Hunde, fasst keine Würmer an und springt erst recht nicht über Gräben. Viel zu gefährlich, viel zu schmutzig.
Franziska macht sich einfach immer zu viele Gedanken über all das, was passieren könnte.
Einem unglücklichen Zufall zur Folge, entfernt sich das Mädchen unfreiwillig von der Gruppe und bleibt alleine im Wald zurück.
Entgegen der Annahme, dass sie nun weinerlich zwischen den Bäumen umher irrt, sucht Franziska bestimmt und unbeirrbar nach einem Ausweg aus dem Wald und trifft dabei auf ein Rudel Wölfe.
„Und Franziska hört scharfe Zähne knirschen.“
Naiv bittet sie die Wölfe zunächst um Hilfe. Als diese ablehnen, schlägt sie vor, man könne ja zunächst ein wenig miteinander spielen. Auch danach steht den grauen Tieren nicht der Sinn.
Aber Franziska interessiert es herzlich wenig und legt los.
Die Wölfe könnten verdutzter nicht sein, als das Mädchen sie immer wieder animiert, mitzumachen. Sie hat so viele Ideen gemeinsam mit den Tieren Spaß zu haben.
Verkehrte Welt, verkehrtes Rollenverständnis. Aber vor allem entwickelt Franziska einen unglaublichen Mut.
Diese Form der Angstbewältigung ist einmalig. So ängstlich der Tag für die Kleine begonnen hat, so mutig endet er für sie. Und neue Freunde gewinnt sie obendrein.
Die Illustrationen sind ganz wunderbar gelungen und ermöglichen einen zusätzlichen Blick auf den Kern der Geschichte.
Anja Kuypers
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Franziska und die Wölfe
Pija Lindenbaum
Moritz Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3-89565-137-3
16 €
„Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin“ von Tom Gauld, Moritz Verlag (2022)
Mit diesem Buch hat sich Tom Gauld einen Wunsch erfüllt.
„Ich habe versucht, ein Buch zu machen, das sich an drei unterschiedlichen Arten von Büchern orientiert: die Bücher, die mir als Kind gefallen haben, die Bücher, die meinen Töchter gefallen haben und die Bücher, die ich jetzt als Erwachsener mag.“
Am Ende entsteht eine Geschichte, die mit „Es war einmal...“ beginnt und ein modern inszeniertes Märchen ist. Gauld verwendet Elemente der Comicwelt und illustriert den zurecht prämierten Titel zudem sehr ansprechend.
Die Geschichte erzählt von einem sympathischen Königspaar, das leider bislang kinderlos geblieben ist. Sowohl die königliche Erfinderin, als auch die gute Hexe des Hofstaates können helfen, und plötzlich gibt es den hölzernen Roboter als Sohn und die Tochter, die kleine Baumstumpfprinzessin. Nun ist die Familie komplett und rundum glücklich.
Wäre da nicht der unglückliche Umstand, dass die Prinzessin nur am Tage ein Mensch sein kann und sich nachts wieder zurück in einen Baumstumpf verwandelt. Es braucht einen speziellen Zauber, um sie jeden Morgen wieder zum Menschen wecken zu können.
Einem unglücklichen Zufall zur Folge verschwindet der Baumstumpf eines Tages, noch bevor der Verwandlungszauber ausgesprochen werden kann. Der kleine Holzroboter zögert nicht lange und begibt sich auf die Suche nach seiner Schwester.
Gauld macht keinen Hehl daraus, das das Aufschreiben der vielen Abenteuer, die der Roboter auf seiner Reise erlebt, viel zu umfangreich gewesen wären. Also hinterlässt er lediglich kleine Illustrationen und dezente Hinweise für seine Leserinnen und Leser. Die tatsächlichen Geschichten hinter der Geschichte darf man sich selber überleben. Einfach genial! Und bestens für eine Schreibwerkstatt geeignet.
Das Buch, ein Märchencomic mit altertümlichen Wurzeln, begeistert rundum und wird wärmstens empfohlen.
Anja Kuypers
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Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin
Tom Gauld
Moritz Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3895654305
18 €
„Diva allein im Wald“ von Martin Baltscheit, Beltz und Gelberg Verlag (2022)
Diva ist eine gebildete Pudeldame, die am liebsten das philosophische Programm im Radio an hört, sich Fleischpralinen servieren lässt und das Stadtleben genießt. Zu dumm, dass Herrchen und Frauchen eines Tages durch den Wald laufen wollen und sie auch noch mitnehmen.
Doch eine echte Diva macht sich nicht die Pfoten schmutzig.
Also wartet sie stattdessen im Auto, bis sie das Gefühl überkommt, ihre Notdurft verrichten zu müssen.
Auf der Suche nach einer geeigneten Toilette muss sie am Ende das Fahrzeug doch verlassen und trifft mehrere Tiere. Immer tiefer gerät sie in den Wald hinein und verläuft sich.
„Jetzt bin ich richtig tief im Wald und treffe neue Waldis.“
Den Weg zurück zum Parkplatz, zum sicheren Auto, zurück in die Zivilisation hat sie sich leider nicht gemerkt.
Und Maus, Luchs, Marder, Wolf, Eichhörnchen und Co. sind nicht immer gewillt, ihr zu helfen.
Nach und nach entfernt sich Diva von ihrer anfänglichen Hochnäsigkeit. Aber ihr städtisches Benehmen gibt sie nicht so schnell auf.
Am Ende lernen alle von allen, und jeder darf genauso sein, wie er oder sie ist. Ohne Vorurteile und mit jede Menge Respekt.
Das Buch ist ein bunter Mix aus dialogischen Texten, Comicelementen und Fließtexten.
Die unterschiedlichen Farbkennzeichnungen der Texte sorgen für Abwechslung beim Lesen.
In der Ich-Perspektive Divas geschrieben birgt die Geschichte eine gelungene Gegenüberstellung des städtischen und ländlichen Lebens. Vielleicht sind sie doch nicht so unterschiedlich, wie immer angenommen.
Ein witziges, unterhaltsames Buch mit viel kreativem Vermittlungspotential im Gepäck.
Anja Kuypers
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Diva allein im Wald
Martin Baltscheit
Illustrationen von Barbara Jung
Beltz und Gelberg Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3407756732
14 €
„Als Hund zu uns kam“ von David Macintosh, Prestel Verlag (2022)
„Hund ist für uns so gut wie neu!“
Naiv und kindgerecht beschreibt die junge, namenlose Ich-Erzählerin den Moment, als die Familie ihren neuen Hund aus dem Tierheim abholt. Das Tier erhält in der gesamten Geschichte keinen Namen mehr. Vielmehr werden in dem Buch die ersten Wochen des Hundes in seinem neuen Zuhause vorgestellt und analysiert. Er frisst, er schläft und er zerknabbert alles. Sogar die Beine des guten Esstisches, an dem nur an Feiertagen gegessen werden darf. Jedes noch so haltbar angepriesenes Spielzeug versagt und fällt den jungen Welpenzähnen zum Opfer.
Zum Glück kann Oma helfen: „Oma hat alle zerkauten Spielsachen von Hund genommen und zu einem großen Spielzeug zusammen genäht. [...]“
Und das riesige Spielzeug hält, was es verspricht. Sogar so lange, bis der Hund erwachsen wird.
Immer wieder klingt in dieser eigentlichen Hundegeschichte das Thema Nachhaltigkeit an und wird gekonnt mit der Anschaffung eines Tieres verwoben.
Es bleibt abzuwarten, ob diese Verbundenheit, der recht artfremden Themen in diesem Kontext und vor allem von der Zielgruppe verstanden wird oder wirksam sein kann.
Losgelöst vom Thema Nachhaltigkeit zeigt dieses Buch ungeschminkt auf, dass Hundehaltung mit viel Arbeit verbunden ist und nicht immer den Himmel auf Erden bedeutet.
Da braucht es unbedingtes Durchhaltevermögen, einen langen Atem und jede Menge Taschengeld. Macintosh gelingt mit den skizzenhaften Illustrationen eine gute Brücke zum Text, der überwiegend ohne wörtliche Rede auskommt und aus Kindersicht überwiegend einfach formuliert ist.
Ein Buch, das mehr im Gepäck hat als es ursprünglich vermuten lässt.
Anja Kuypers
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Als Hund zu uns kam
David Macintosh
Prestel Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3791375328
15 €
„Es werde Wald!“ von Rina Singh, NordSüd Verlag (2022)
Die Geschichte spielt im indischen Staat Assam. Im Text ist die Rede von einem „mächtigen Fluss“, der von seinen Anwohnern nur „fließender Ozean“ genannt wird.
Der Fluss spielt eine wesentliche Rolle in dem Buch, wird aber nie mit einem Namen versehen. Es bleibt anzunehmen, dass von dem wasserreichen Strom Assams, dem Brahmaputra die Rede ist.
Singh beschreibt hier die wahre Geschichte des Jadar Payeng, der in einem kleinen Dorf unweit des Flusses lebt.
Gerade während der Monsunzeit tritt der Strom häufig über die Ufer, verwüstet die Insel-Sandbänke und hinterlässt traurige Spuren. Die Gefahr droht, dass die Inseln, auf denen die Dörfer beheimatet sind, nach und nach abgetragen und so eines Tages gänzlich verschwinden werden.
Dabei sind sie Lebensraum und Heimat von so vielen Menschen und Tieren.
Jadar Payeng verfolgt, entgegen der Dorfältesten den Plan, die kleinen Inseln durch das Flechtwerk von Baumwurzeln zusammen zu halten. Doch welcher Baum wächst schon auf einer bislang kargen Sandbank? Jadar recherchiert und setzt sich durch. Alleine, stets belächelt von den Ältesten. „Pflanz deine Bäume doch selbst!“ sagen sie. Und Jadar pflanzt...
„Jadar war 16 Jahre alt , als er seinen ersten Bambus pflanzte.“
Sein Plan geht auf, und die jungen Setzlinge schlagen schnell Wurzeln und halten die Inseln zusammen. Außerdem siedeln sich Tiere an, und es entsteht im Laufe der Jahre ein unglaublicher Wald.
Jadar ist zum Vorbild für alle Menschen geworden, die sich für die Natur und das Überleben aller Lebewesen einsetzen.
Nur zufällig wurde seine Geschichte bekannt und glücklicherweise von Rina Singh in diesem farbenprächtigen Bilderbuch mit künstlerischen Illustrationen verewigt. Sehr empfehlenswert.
Anja Kuypers
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Es werde Wald!
Rina Singh
Illustrationen von Ishita Jain
NordSüd Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3314106132
18 €
„Ein Blick durchs Schlüsselloch“ von Lisa Aisato, woow books Verlag (2022)
Norwegen ist bekannt für seine einzigartigen und zurecht prämierten Kinder- und Jugendbücher.
Auch dieses Bilderbuch ist auf bestem Wege bekannt und berühmt zu werden.
Die erste Doppelseite des außergewöhnlichen Titels zeigt 16 Personen, die in einem Aufzug stehen und scheinbar im selben Wohnhaus leben.
„Aufzug, Schiebetür, hier schleich` ich heimlich rein – famos! […], jetzt fährt der Fahrstuhl los.“
Der namenlose Ich-Protagonist begleitet die Nachbarschaft unbemerkt in ihre jeweiligen Wohnungen und beschreibt, war er sieht oder erlebt.
„Mein neugieriger Blick sieht, wie sie im Geheimen sind.“
Denn ob der streng drein blickende junge Mann mit Bürstenhaarschnitt tatsächlich so garstig ist, wie er in der ersten Aufzugszene dargestellt wird, zeigt der Blick des Ich-Erzählers durch das Schlüsselloch der Wohnung des Mannes.
In der hinteren Reihe der Aufzuggilde steht ein adretter Herr, dessen haarige Tolle auffällig frisiert ist. Ob sie aber auch echt ist, werden die Leserinnen und Leser durch den Ich-Erzähler bald erfahren.
Aufgesetzt freundlich grinst sich die Dame in ihrer Stewardess-Uniform ins Bild. Aber macht sie es auch gerne? Ist ihr Lächeln echt? Auch in diesem Fall hilft der Ich-Erzähler bei der Auflösung.
Auf diese Weise werden alle 16 Personen nach und nach in ihrem Alltag vorgestellt und mit dem Anfangsbild aus dem Aufzug verglichen.
Am Ende des Buches wiederholt sich das Standbild aller Bewohner im Aufzug.
Allerdings sehen wir sie diesmal so, wie sie im wirklichen Leben sind oder sein möchten. Erstaunliches, Geheimnisvolles, Trauriges und Lustiges gibt es da zu sehen.
Der Ich-Erzähler enttarnt alle mit seinem Blick durch das Schlüsselloch.
Aber wer ist denn nun der Ich-Erzähler? Dessen Existenz wird erst ganz zum Schluss offenbart, und ein Schmunzeln ist garantiert.
Ein Buch, das Augen öffnet und dafür sensibilisiert, dass jeder Mensch ein Inneres und ein Äußeres hat. Trau` dich und sei du selbst, scheint das Buch seinen Lesern zuzurufen.
Es regt an, es macht wach, es zeigt auf, es erklärt.
Ein rundum gelungener Titel mit Texten in Reimform und wunderbaren Illustrationen.
Anja Kuypers
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Ein Blick durchs Schlüsselloch
Lisa Aisato
woow books Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3961771141
15 €
„Ella spricht tausend Sprachen“ von Madlen Ottenschläger, Esslinger Verlag (2022)
Ein wunderbares Bilderbuch für Sprachverliebte und kreative Köpfe. Denn Englisch, Französisch, Spanisch oder Japanisch war gestern. Heute spricht man „müdisch“ „andersrum“ oder „gurkisch“.
Die kleine Ella ist eine Sprachkünsterlin und beherrscht all diese sonderbaren Sprachen.
„Ella hat kein Pferd, aber einen Bruder und eine Brille. Ella kickt und singt und lacht und spielt und pupst. Und manchmal hat Ella eine Unterhose auf dem Kopf. Und Ella spricht tausend Sprachen.“
Darunter auch „eimisch“ oder „tierisch“. Wer kann sich schon mit Tieren unterhalten?
Ellas Sprache „flüsterisch“ gefällt den Erwachsenen besonders gut. „Schreiisch“ mögen sie hingegen nicht so sehr. Sie spricht mit Händen und Füßen, mit Armen und Augen. Mal mit, mal ohne Worte. Und ihre Eltern verstehen sie immer, egal was sie gerade spricht.
Die Geschichte erzählt aus dem Alltag Ellas, und zwischendurch spricht die Autorin die Leserinnen und Leser direkt an, um sie über das Lesen hinaus zu motivieren.
Ella trägt mit ihrer Sprachvielfalt ein wahres Talent in sich. Und das Besondere daran? Jeder kann diese Sprachen sprechen. Man muss sie nur anwenden.
„Ella spricht tausend Sprachen. Aber es gibt noch vieles mehr. Was ist deine Lieblingssprache?“, fordert die Autorin zum Ende der Geschichte zum Miterzählen auf. Und diese Sprachen werden garantiert in keiner Schule gelehrt.
Großzügige, überwiegend doppelseitige Illustrationen stellen den Textinhalt perfekt kindgerecht dar.
Ein Bilderbuch über Sprachen, die man nicht lernen muss. Sehr gelungen und sprachanregend.
Anja Kuypers
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Ella spricht tausend Sprachen
Madlen Ottenschläger
Illustrationen von Sabine Rothmund
Esslinger Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3480237401
15 €
„Wieder Zuhause“ von Colleen Rowan Kosinski, Mixtvision Verlag (2022)
Rot ist es, hat klappbare Fensterläden, eine überdachte Terrasse und steht jenseits einer großen Stadt auf einer grünen Wiese mit einem großen Baum.
Die Rede ist vom neuen Wohnhaus einer fünfköpfigen Familie mit Katze und Hund.
„Nachdem der letzte Stein meiner Mauer gesetzt und die letzte Blume in meinem Garten gepflanzt worden war, stand ich für den Einzug meiner Familie bereit. Meine Wände zitterten erwartungsvoll.“
Entgegen vieler Bücher mit tierischen oder menschlichen Protagonist:innen, wird hier die Geschichte aus der Sicht des Hauses erzählt.
Das Haus schildert die schöne Zeit mit den Menschen, und die Jahre vergehen. Aus den einst tapsigen Babyfüßen auf den Holzdielen sind längst Stampfgeräusche Jugendlicher geworden, und es kommt der Tag, an dem die Familie ihr Haus verlässt. Sie ziehen aus, und das Haus steht zum Verkauf. Doch das Haus wehrt alle potentiellen Interessenten ab. Es will partout seine Familie wieder haben....
Die Menschen kommen in dieser Geschichte nicht zu Wort. Sie wissen nicht einmal, dass ihre Unterkunft reden, denken und fühlen kann.
Es ist das Haus, das sich den Leserinnen und Lesern in wenigen, klaren Worten mitteilt.
Der Text, mal in schwarz, mal in weiß gehalten, fügt sich in die seitenumfassenden farbenprächtigen Illustrationen wunderbar ein.
Ähnlich wie die Menschen muss auch das Haus im Laufe seines Lebens lernen, loszulassen.
Ein wahrlich gelungener Vergleich zum menschlichen Leben in dieser einzigartigen Geschichte.
Aber wird es wieder die Kraft und den Mut aufbringen sich auf eine neue Familie einzulassen?
Ein wunderschönes Bilderbuch, das zu tieferen Gesprächen einlädt und dessen Botschaft sich besonders gut kreativ vermitteln lässt.
Anja Kuypers
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Wieder Zuhause
Colleen Rowan
Illustrationen von Valeria Docampo
Mixtvision Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3958541917
17 €
„Die Vogelscheuche“ von Beth Ferry, Atrium Verlag (2022)
Die Geschichte beginnt im Herbst eines Jahres. Die Leserinnen und Leser sehen eine Vogelscheuche, die mitten auf einem Feld steht.
„Wenn warm im Herbst die Sonne lacht, wird bald die Ernte eingebracht. Die Vogelscheuche steht und wacht, gibt auf die goldenen Ballen acht.“
Da steht sie: in Jeanslatzhose und kariertem Hemd mit Strohhütchen. Und nur wer genau hinsieht, bemerkt den Holzpfahl, durch den die freundlich drein blickende Strohpuppe gehalten wird.
Gleich einem Landwirt, steht sie auf dem Feld und bewacht das Saatgut sowie die daraus wachsenden Pflanzen vor tierischen Eindringlingen. „So muss es sein, das macht sie gern.“
Über zwei Jahreszyklen wird die Vogelscheuche fast durchgängig in der gleichen Perspektive gezeigt und beschrieben.
Bis der Tag kommt, an dem ein Vogelbaby aus dem Nichts vor ihren Füßen landet. Weit und breit ist kein Elternteil in Sicht. Plötzlich senkt sie den Oberkörper, kippt ein Stück nach vorne und hilft der kleinen Krähe. Fortan kümmert sie sich um den Vogel. Sie erzählen, lachen, wachsen zusammen.
Bis zu diesem Zeitpunkt hat die Vogelscheuche immer gerade und unbeugsam ihr Feld bewacht.
Doch als der Vogel erwachsen ist und seiner Wege zieht, ist ihr Herz gebrochen. „Leere ist in ihr Herz gekrochen“.
Vornübergebeugt hängt sie nun am Pfahl und gibt sich leidlich den Schneestürmen hin. Die Jahreszeit hinterlässt Spuren, und als das Frühjahr anbricht, werden die Schäden deutlich.
Das Schicksal der Vogelscheuche scheint fast besiegelt, als aus dem Nichts der Vogel wieder erscheint. Er kehrt zurück und kümmert sich nun um seinen Freund. Die Tiere aus der Umgegend bemerken dies und kommen zusätzlich, um zu helfen.
Welch wunderbare Geschichte über die unscheinbaren Vertreter auf den Getreide-Feldern dieser Zeit. Eine herzliche Geschichte über Freundschaften grundsätzlich und das immer währende Thema des Älterwerdens und des umeinander Kümmerns.
Die seitenumfassenden Illustrationen passen sich farblich den jeweiligen Jahreszeiten an und rahmen den in Paarreimen dargestellten Text wunderbar ein.
Anja Kuypers
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Die Vogelscheuche
Beth Ferry
Illustrationen von Terry und Eric Fan
Atrium Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 44 Seiten
ISBN 978-3855356690
14 €
„Die Erzählerin der Nacht“ von Carmen Oliver, NordSüd Verlag (2022)
„Kommt, kommt, meine Freunde, kommt, ich will euch eine Geschichte erzählen.“
Schauplatz der Geschichte ist eine bunte Blumenwiese, die von vielen, verschiedenen Tierarten bewohnt wird.
Allesamt folgen sie dem Ruf der Erzählerin, kommen herbei und schlüpfen durch einen mit Schilf ausgestalteten Höhleneingang: Raupen und Käfer Wühl- und Haselmäuse, Glühwürmchen Fledermäuse und Co..
Als alle Tiere versammelt sind, beginnt die Erzählerin mit der Geschichte, und ihr gelingt es, das Gelesene und Erzählte erlebbar zu gestalten.
Aus dem Buch strömen auf einmal Bilder, Gerüche und Geschmäcker.
„Eine wohlige Beghaglichkeit“ macht sich unter den zuhörenden Tieren breit.
Die Erzählerin macht ein Eintauchen in die Geschichte möglich.
„Atmet tief ein, meine Freunde, riecht ihr das? Tanne und Kiefer, Wildblumen und Lavendel [...]“ „Sie sind gefangen in dieser Magie [...]“
Die Geschichte endet mit einem Fest der Sinne, und zum Schluss kehren die Tiere beseelt in ihre Behausungen zurück und betten sich zur guten Nacht.
Ein poetisches Bilderbuch, dessen Szenen Ruhe ausstrahlen.
Warmweiche Illustrationen ummanteln den sanften Text, der mit vielen Verben und Adjektiven spielt und auf diese Weise das Buch zum Leben erweckt.
Und erst zum Ende erfahren die Leserinnen und Leser, welches Tier die Geschichte vorliest.
Eine Inspiration.
Anja Kuypers
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Die Erzählerin der Nacht
Carmen Oliver
Illustrationen von Miren Asiain Lora
NordSüd Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3314105937
16 €
„Sascha zählt lieber Leuchttürme“ von Oksana Lushchevska und Dzmitry Bandarenka, Südpol Verlag (2022)
Das Autorenpaar aus der Ukraine gelingt mit diesem Bilderbuch eine wunderbare Einschlafgeschichte. Inspiriert durch deren eigene Leidenschaft, Leuchttürme zu sammeln.
Der junge Protagonist Sascha kann nicht schlafen, wenn sein Vater noch wach ist und im Nebenzimmer arbeitet.
Also beschließt der Junge ebenfalls wach zu bleiben und schaut aus dem Fenster.
Es ist fast schon Mitternacht und „nur in einem einzigen Fenster im Wohnblock gegenüber brennt ein Licht. Es erinnert Sascha an einen Leuchtturm.“
Außerdem stellt er sich vor, wie die ihm bekannten Menschen und Tiere jetzt wohl schon schlafen. Vielleicht rollt sich die Katze des Nachbarn wieder zusammen? Oder die Mama legt einen Arm unter ihr Kopfkissen während sie schläft?
Immer wieder erinnert sich Sascha an die Leuchttürme, die er gemeinsam mit seinem Vater besichtigt hat. Wenn sie doch alle wieder so schön leuchten würden...
Mit einer Taschenlampe simuliert er das Leuchtfeuer der Türme, als der Vater, erschöpft und müde, zu Sascha ins Zimmer kommt.
Er legt sich zu seinem Sohn ins Bett, und gemeinsam beginnen sie Leuchttürme, statt Schäfchen zum Einschlafen zu zählen.
Dezent und ruhig wurde dieses Buch überwiegend in den Farben blau und gelb gestaltet.
Welch wunderbare Verknüpfung der Farbbedeutungen. So symbolisieren sie nicht nur die Landesfarben der Ukraine, sondern stehen zugleich für das Dunkle der Nacht und die Helligkeit der Leuchtfeuer.
Vater und Sohn zählen so lange Leuchttürme, bis alle Lichter in den Wohnhäusern gegenüber erlischen.
Eine sensible Aufmachung und Auseinandersetzung mit dem Schlafen und dem Wachsein auf ukrainische Art. Wo ruhiges Nächtigen noch möglich ist.....
Anja Kuypers
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Sascha zählt lieber Leuchttürme
Oksana Lushchevska und Dzmitry Bandarenka
Illustrationen von Oksana Drachkovska
Südpol Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3965941779
16 €
„Die tollpatschige Giraffe und der verlorene Traum“ von Julia Nüsch, Kindermann Verlag (2022)
„In einem winzigen Land, unter einem sehr hohen, knorrigen Baum, lebte eine Giraffe namens Annette. […] Eines schönen Mittwochs allerdings war alles anders. Annette saß den ganzen Morgen ungewöhnlich nachdenklich an den Baumstamm gelehnt, reckte nur selten ihren Kopf und schaute in die Ferne.“
Leider, leider hat Annette ihren Traum der vergangenen Nacht vergessen. Sie erinnert sich nur noch daran, dass er sehr schön gewesen war.....
Glücklicherweise trifft die Giraffe auf viele Tiere, die ihr zwar wertvolle, aber auch recht ungewöhnliche Tipps verraten, mittels derer sie sich bestimmt schnell wieder erinnern wird.
Frosch Heinrich rät ihr beispielsweise zum Singen. Singen befreit, und freie Köpfe denken eben besser.
Schaf William schlägt Stricken vor. Beste Konzentrationsübung.
Der Fuchs Rainer Maria hingegen ist sich sicher, dass der Sprung in ein tiefes Erdloch wahre Wunder bewirken kann, um sich zu erinnern.
Es wird gesungen, getanzt, gestrichen oder gesprungen. Dumm nur, dass Annette recht tolpatschig ist und sie bei jedem sportlichen Versuch nicht nur kläglich scheitert, sondern zudem noch einen ihrer hübschen Giraffenflecken verliert.
Ihre Freunde aber geben nicht auf, sammeln die abhanden gekommenen Flecken wieder ein und bringen sie ihr gebündelt zurück.
Und plötzlich passiert das Unverhoffte..... „Giraffenstark“ das Ganze.
Durch die Anwendung unterschiedlich großer Schriftgrößen werden die Dialoge der verschiedenen Handlungsteilnehmer:innen inmitten wunderhübscher Illustrationen dargestellt.
Fabelgleich inspiriert dieses Bilderbuch zu phantastischen Träumen, bevor sich die Autorin am Ende des Buches selber an die Leser:innen mit der Frage wendet: „Wovon träumst du?“
Auf behutsame Weise wird hier vom Wert der Freundschaft erzählt sowie den Mut, den es braucht, andere um Hilfe zu bitten.
Es ist nicht schlimm, wenn man sich verheddert oder stolpert. Es ist nur bitter liegen zu bleiben. Und Annette macht es richtig: sie steht immer wieder auf.
Und manchmal braucht es echte Freunde, um wahres Miteinander zu erleben und verloren gegangene Träume wiederzufinden.
Anja Kuypers
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Die tollpatschige Giraffe und der verlorene Traum
Julia Nüsch
Kindermann Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3949276040
18 €
„Nil, Nil, ich komme!“ von Jutta Richter, Hanser Verlag (2022)
„Das Nilpferd wohnte schon lange im Zoo. Im Gehege gleich neben der Giraffe. Es gab dort einen Tümpel, drei Grasbüschel und viel Staub! Sonst gab es nichts. Außer dem Wärter Bratbüttel, der das Futter brachte. Einmal am Morgen und einmal am Abend.“
Kein Wunder, dass das Nilpferd unter diesen Umständen an Heimweh leidet.
„Heimweh nach einem großen, breiten Fluss.“
Seine Zoo-Nachbarin Giraffe ärgert ihn dazu permanent: „Ja, wenn du so groß wärst wie ich, dann könntest du den Nil sehen.“
Genervt von so viel Boshaftigkeit unter den ständigen Blicken der Zoobesucher, rammt das Nilpferd eines Tages das Gitter seines Geheges um und zieht von dannen. Richtung Nil...
„Über das Land. Über den Berg. […] Es rannte einen Tag und eine Nacht. […] Und dann kam das Meer. […] „
Beäugt und kommentiert von vielen verschiedenen Wild-Tieren, die seinen Weg säumen, wird es entweder belächelt oder zum Durchhalten animiert.
Dieses Buch, das von Heimweh, Mut und Beharrlichkeit erzählt, unterliegt einer immer gleichen Bild-Text-Struktur. Ein kleiner Anker für manche Kinder in der Bilderbuchbetrachtung.
Die künstlerischen Illustrationen geben reduziert und doch bestimmend den Text in Bildern wider.
Teilweise befinden sich ganzseitige, gänzlich textlose Illustrationen im Buch, die dem mutigen Nilpferd den bildnerischen Raum geben, dem es gebührt.
Das polarisierend schwierige Thema der Zoohaltung schwingt zu Beginn ein wenig mit, wird aber nicht weiter ausgebaut.
Vielmehr geht es darum, dass auch ein kleines, dickes Nilpferd alles schaffen kann, was es sich vornimmt. Warum nicht auch du?, scheint das Buch seine Leser:innen zu fragen.
Folge deinen Träumen und mache deine Wünsche wahr.
Die Farbwahl der Illustrationen passt sich der jeweiligen Naturszenerie an, durch die das Nilpferd auf seinem Weg zum Nil wandert.
Ein Titel, der mehrere Themen zu einem gelungenen, großen Ganzen bündelt.
Anja Kuypers
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Nil, Nil, ich komme!
Jutta Richter
Illustrationen von Petra Rappo
Hanser Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3446262195
15 €
„Der Besuch vom kleinen Tod“ von Kitty Crowther, Aladin Verlag
Dieses Buch erschien erstmalig 2011 und wird bereits in der sechsten Auflage im Aladin Verlag verlegt. Zurecht blickt der Titel, der mit dem Astrid-Lindgren-Memorial-Award ausgezeichnet wurde, auf eine lange Dauer auf dem Buchmarkt zurück. Denn hier gelingt die Darstellung eines schwierigen Themas mit viel Leichtigkeit und Frohsinn.
Die Geschichte, deren Text von großformatigen, feinfühligen Illustrationen unterbrochen wird, beginnt mit den Worten: „Der Tod ist eine reizende kleine Person. Doch das weiß niemand.“
Wie auch....
Auf den Bildern ist der Tod auf typische Weise dargestellt: schwarzer Umhang, Sense in der Hand, knöchrige Finger und bleiches, weißes Gesicht. Zunächst klopft er ungebeten an die Zimmertüre eines alten Mannes an, um ihn mit ins Totenreich zu nehmen. Der Mann weint und friert, denn eigentlich will er am Leben bleiben und nicht mit dem Tod mitgehen müssen. „So ist das nun mal.“
Ganz viel Tod. Ganz viel Trauer. Ganz viel Schwarz. Ganz viel Schweigen.
Bis der Kleine Tod eines Tages am Bett eines jungen Mädchens steht, die froh ist, ihn zu sehen. Der Kleine Tod könnte nicht erstaunter sein..... Das Kind ist so anders, als die vielen Erwachsenen. Es weckt Gefühle im Kleinen Tod, die er bislang noch nicht kannte.
Plötzlich nimmt sein Dasein eine markante Wendung, und ein Stück Leben macht sich in ihm breit.
Eine Geschichte, die nie an Wert verlieren wird. Ganz wunderbar!
Anja Kuypers
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Der Besuch vom kleinen Tod
Kitty Crowther
Aladin Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3848900190
12,95 €
„Ein Käfig ging einen Vogel suchen“ von Andrea Hensgen, Knesebeck Verlag (2022)
„Alle Käfige hatten einen Vogel. Deshalb wollte der Käfig auch einen haben.“
Im Buch wird ein junger Käfig personalisiert dargestellt. Mit Gesicht und Beinen und einer offenen Käfigtür für alle Vögel, die gerne in ihm wohnen möchten.
Naiv wie er war ruft er: „Vögel, kommt mal her! Ich bin noch ganz leer.“
Dass die Vögel lieber frei herum fliegen, statt eingesperrt zu sein, ist dem Käfig nicht bewusst. Zeitgleich nehmen alle Vögel aus der Nähe hämisch grinsend und leise beobachtend auf einem Hausdach Platz, um den weiteren Verlauf der Geschichte zu verfolgen.
Wer würde wohl so dumm sein und freiwillig in den Käfig einziehen? Katze Agathe geht ebenfalls in Lauerstellung. Denn wo es Vögel gibt, gibt es auch schmackhaftes Essen.
Dieses Bilderbuch ist eine Adaption des Originals von Franz Kafka und wird illustratorisch neu interpretiert. Sehr gelungen!
Eines Tages kommt tatsächlich ein Vogel daher. Ein fremder Vogel aus einem fernem Land. Und da der Käfig so hübsch und sauber hergerichtet ist, hüpft der Vogel sofort hinein.
Alle anderen Vögel halten den Atem an. Auch Agathe, die sich leise anschleicht.
Aber just als die Katze zugreifen will, schlägt der Käfig schnell seine Türe zu und rettet auf diese Weise dem Vogel das Leben.
Entgegen aller Vorahnungen werden der Käfig und der Vogel zu wahren Freunden und erleben noch gemeinsam so manches Abenteuer.
Und die Moral von der Geschichte? Manchmal kommt es anders, als man denkt.
Eine hübsche, kleine Geschichte über den Mut anders zu sein und Dinge zuzulassen.
Anja Kuypers
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Ein Käfig ging einen Vogel suchen
Andrea Hensgen
Knesebeck Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3957284389
15 €
„Tranquilla Trampeltreu“ von Michael Ende, Thienemann Verlag (2022)
Die Schildkröte Tranquilla Trampeltreu sitzt in ihrer „kleinen gemütlichen Höhle“, als sie von den erhabenen Tauben, die über ihr in den „Zweigen eines uralten Ölbaumes“ leben, von der Hochzeit des Löwen Leo dem Achtundzwanzigsten erfährt.
„Alle Tiere, groß und klein, alt und jung, dick und dünn, nass und trocken sind eingeladen.“
Also macht sich auch Tranquilla auf den Weg zum „schönsten Fest“.
„Schritt für Schritt“ können die LeserInnen ihren langen Weg auf den Umschlagseiten des Bilderbuches nachvollziehen.
„Über Stock und Stein“ geht es am Meer entlang, durch die Wüste und in den „Wald der blühenden Bäume“. Beharrlich aber stetig. Auf dem Weg trifft sie einige Tiere, die ihr Vorhaben belächeln. „Du langsamste der Langsamen“, muss sie sich anhören. Oder: „Du armes, unwissendes Krabbeltier […] mit deinem kurzen Verstand...“
ber Tranquilla verfolgt ihr Ziel. Ob sie rechtzeitig ankommen wird?
In typischer Michael Ende Erzähl-Manier wird die fabelgleiche Geschichte hier neu illustratorisch in Szene gesetzt. Wunderbare, größtenteils ganzseitige Bilder verpassen dem gehaltvollen, langen Text den passenden Rahmen. Es entsteht ein phantastisches Ganzes, und man fühlt sich an die vielen Geschichten Endes erinnert.
Tranquilla ist ein freundliches, ruhiges Wesen. Ihre Grundhaltung und die damit verbundene, gelassene Stimmung überträgt sich auf die LeserInnen.
Das schafft nur eine typische Ende-Geschichte.
Anja Kuypers
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Tranquilla Trampeltreu
Michael Ende
Illustrationen von Julia Nüsch
Thienemann Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3522459983
16 €
„Der Mumpel“ von Jan Kaiser, 360 Grad Verlag (2022)
Gleich vier Seiten reserviert sich der Autor zu Beginn des Buches, um den Ort zu erläutern, an dem der sagenumwobene Mumpel lebt.
„Gleich hinter dem Mischuggischen Meer […] , am Fuße des Geburrgebirges, […], tief im Wormwald, […] am Fridolinschen Fluss.“
„Der Mumpel ist ein Geheimtier. […]“.
Bislang wurde das freundliche Wesen einfach noch nicht entdeckt.
Dabei hat es solch wunderbare Fähigkeiten. Es kann „pusten“, „stampfen“, sich verstecken. Lediglich die Suche nach „Mumpel-Kumpeln“ scheiterte bislang kläglich.
Ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft. Mumpel wurden einfach noch nie von anderen gesehen. Aber ist es wirklich so schlimm, unsichtbar zu sein?
Im Verborgenen lassen sich doch manch witzige, hilfreiche oder vielleicht auch gemeine Dinge anstellen. Und man wird dabei nicht erkannt....
Mumpel zu sein, ist also doch nicht so schlimm, wie ursprünglich vermutet.
Sie sind kleine, haarige Wesen, Kartoffelähnlich mit zwei Augen und einer langen Nase. Stets freundlich und schelmig.
Der Autor teilt mit den LeserInnen das Geheimnis über die Existenz der Mumpel.
Und ganz am Ende stellen wir fest, warum es immer gut ist, einen Mumpel im Haus zu haben.
Dieses Buch kann Kindern Mut machen, die vielleicht nicht immer die angesagtesten Freunde haben oder selten im Rampenlicht stehen.
Sehr hübsche Illustrationen ergänzen den wortgewandten Text.
Entweder werden die Illustrationen oder der dazugehörige Text als Sprechblasen dargestellt. Ein schönes Spiel. Das Buch spricht eben jeden an...
Und alle LeserInnen werden in das Geheimnis über Mumpel einbezogen.
Der Autor geht mit den LeserInnen einen Geheimpakt ein.
Anja Kuypers
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Der Mumpel
Jan Kaiser
Illustrationen von Henning Löhlein
360 Grad Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3961855582
15 €
„Such!“ von Saskia Halmouw, Esslinger Verlag (2022)
Ein tierischer Wimmelbuchspaß für alle Hundefreunde und Suchliebhaber.
Ein erneutes Buch-Highlight der 1968 in Den Haag geborenen Künstlerin Saskia Halmouw.
Die Protagonisten in diesem textlosen Suchbuch sind ein brauner Hund mit gelb/rot kariertem Leibchen und ein weißer Hund mit einem schwarzem Punkt im Fellrücken.
Gleich zu Beginn sieht man, wie die zwei jeweils einen Knochen in einem tiefen Loch im Park verbuddeln. Kurze Zeit später treibt der Appetit nach knöchernen Gebeinen die beiden Vierbeiner wieder zum Versteck. Aber, oh schreck... Die Knochen sind weg und das Loch ist leer!
Im Park herrscht derzeit lebhaftes Treiben. Jede Menge Hunde spazieren mit ihren Herrchen und Frauchen umher, tollen auf den Wiesen. Es macht einfach nur Spaß zuzusehen. Und mittendrin die enttäuschen Fellgesichter über den Verlust des Essens.
Prompt ziehen sie los, auf der Suche nach ihren Häppchen. Und wer genau hinsieht, wird feststellen, dass sich von einer Seite zur nächsten immer mehr Vierbeiner der Suche anschließen. Gemeinsam trotten sie durch die Stadt, vorbei an Marktplätzen, Geschäften, Wohnhäusern und Co..
Die Schlange der Schnüffelexperten wird immer länger. Die Nasen stets am Boden. Wo können die Knochen nur sein?
In der im Buch skizzierten Stadt leben Mensch und Hund friedlich miteinander und haben jede Menge Spaß. Sie können sich einfach „gut riechen“.
Ein Such-Bilderbuch mit vielen, warmherzigen Details zum Ansehen und Entdecken.
Gespräche rund um die Frage Wohin sind die Knochen verschwunden? und darüber hinaus sind vorprogrammiert.
Anja Kuypers
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Such!
Saskia Halmouw
Esslinger Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3480237210
14 €
„Das große Schimpfen“ von Michael Escoffier, Mixtvision Verlag (2022)
Im Ort Schimpfhausen findet die beliebte Veranstaltung „Das große Schimpfen“ auf dem Marktplatz des Ortes statt.
Die Gänse Gustav und Gitta moderieren das Event, in der tierische ProtagonistInnen um die Gunst des Publikums ringen und ihre außergewöhnlichsten Schimpfwörter zum Besten geben dürfen.
Alles ist erlaubt: Witzige und skurrile Wörter oder ausgefallene Mehrwortsätze. Hauptsache originell.
Aber auf keinen Fall dürfen die Schimpfereien gemein, fies oder beleidigend sein!
Der Gewinner erhält einen großen Pokal und erringt die Ehre des ganzen Dorfes.
Das dreijährige Tapirjunge darf beginnen und begeistert mit seinem Schimpfwort „Puddingpups“ sofort alle Anwesenden. Die Menge tobt.
Der Vorjahressieger Hirsch ist als nächster dran und „schreitet siegessicher zur Bühne“.
„Er stolpert, fängt sich wieder, Achtung!“ und schimpft! Und zwar richtig gemein, fies und beleidigend. Das gefällt allen Anwesenden so gar nicht, und er muss die Konsequenzen für seinen verbalen Wutausbruch tragen.
Aber wer hat denn nun die kreativsten Schimpfwörter im Gepäck und gewinnt „Das große Schimpfen“?
Die Geschichte ist als Live-Sendung konzipiert. Und dazu gehört selbstverständlich auch eine Werbepause, die in dem Buch nicht ausgespart wird. Sehr schön umgesetzt!
Hier wird auf eine wunderbar leichte Art dargestellt, dass Mobbing und Gemeinheiten in der Gesellschaft keinen Platz haben dürfen.
Die wichtigen Themen werden hier mit Schmunzelmomenten versehen und haben viele kreative Anregungen im Gepäck.
Ein gern empfohlenes Buch mit Wirkkraft.
Anja Kuypers
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Das große Schimpfen
Michael Escoffier
Illustrationen von Kris Di Giacomo
Mixtvision Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 38 Seiten
ISBN 978-3958541870
15 €
„Gaudi – Architekt der Fantasie“ von Susan B. Kratz, NordSüd Verlag (2022)
Gaudi – ein Künstler, bei dem sich die Professoren uneins waren, ob die bestandene Abschlussprüfung ein Fluch oder ein Segen für die Bewohner Barcelonas darstellen sollte. Denn Gaudi veränderte durch seine ausgefallenen, künstlerischen Mosaiken das einfache Erscheinungsbild der Stadt extrem. Allerdings sorgte er in Folge für viele neugierige Touristen, die diese einzigartigen Neu- und Umbauten in der Stadt sehen wollten und in Scharen anreisten.
Auffällige Illustrationen säumen den kurzweiligen, informativen Text über das Leben von Antoni Gaudi. Einem Jungen, der wegen einer Bewegungseinschränkung in den Beinen zunächst der Schule verwiesen wurde.
Die gewonnene Zeit verbrachte er in der freien Natur rund um den Hof seiner Eltern auf dem spanischen Festland. Schnell entdeckte er seine Liebe zur Umwelt, mit all ihren runden, ganz und gar nicht geometrischen Formen und Figuren.
Später, im Kunst- und Architekturstudium konnte er sein Können unter Beweis stellen und ließ die ihm lieb gewonnenen, kreisförmigen Formen in seine Arbeiten einfließen.
Und dank seiner finanziellen Gönner entstanden so zahlreiche Bauten, die noch immer zu den wichtigsten Denkmälern unserer Zeit gehören.
Das Leben und Werken Gaudis wird hier wunderbar bebildert und textreich dargestellt.
Ein Buch, dass sich zum literaturpädagogischen Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen hervorragend eignet.
Anja Kuypers
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Gaudi – Architekt der Fantasie
Susan B. Kratz
Illustrationen von Linda Schwalbe
Nord Süd Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3314105982
16 €
„Eine Geschichte macht Geschichten“ von Tor Fretheim, Gerstenberg Verlag (2022)
Was macht ein Schriftsteller, wenn er keine Schreib-Idee hat?
Er denkt und schaut und schaut und denkt. Und wenn ihm nach Tagen des Denkens und Schauens immer noch nichts Brauchbares einfällt, verlässt er sein Haus und spaziert in seiner Stadt umher.
„Er brauchte frische Luft!“ Nicht die schlechteste Idee, denn plötzlich lässt sich der namenlose Protagonist des Buches von den Leben seiner Mitmenschen inspirieren.
Von der mürrischen Frau, die einfach nur täglich am offenen Fenster steht und hinaus sieht. Von einer umher streunenden Katze und von einem Jungen, der hoch oben in den Baumkronen der Bäume im Park hockt. Oder von einem Mädchen, dem es auf dem Spielplatz wunderbarerweise gelingt, alleine zu wippen.
Plötzlich hat der Schriftsteller so viele Einfälle, dass er nach Hause läuft und dringend eine Geschichte schreiben muss. Seine anfänglichen Schreibversuche verwirft er, knüllt das Papier zusammen, beginnt von vorne.
Am Ende aber freut er sich über die finale Fassung.
„Er öffnete das Fenster.“ Und der Wind wirbelte alle Seiten durcheinander und „nahm alle Blätter mit.“.
Nun geht seine Geschichte auf Reisen und trifft alle vorherigen HandlungsteilnehmerInnen wieder...
Wie werden sie reagieren? Ob der Junge die Baumkrone verlässt und die Frau am Fenster plötzlich freundlich wird?
Das Leben schreibt seine Geschichten, wie es ihm gefällt. Meistens kommt es anders, als man denkt.
Mit versteckten Botschaften und treffenden Aussagen kratzt das Buch zwar nur an der Oberfläche, lässt sie aber im Nachgang tief wirken.
Dezent poetisch und hintergründig tiefsinnig, verläuft die Geschichte ruhig und klar.
Die fein gezeichneten Illustrationen passen sich dem zartfühlenden Grundton des Buches an.
Anja Kuypers
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Eine Geschichte macht Geschichten
Tor Freitheim
Gerstenberg Verlag (2022)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3836961172
13 €
„Doktor Popow“ von Dorothée de Monfreid, Reprodukt Verlag (2021)
Ein neuer Band aus der Reihe der sympathischen Hundebande aus der Feder der beliebten und kreativen Autorin und Illustratorin.
Dieses Mal verkleidet sich der größte Hund der Bande als Doktor. Ausgestattet mit Stethoskop sowie Arztkoffer und gekleidet in einen weißen Arztkittel überrascht er die Bande, die sich zu dem Zeitpunkt viel lieber in Ruhe einen Film ansehen möchte.
„Sei leise!“ oder „He, wir schauen hier einen Film an“ ist in Folge zu lesen...
Doch Popow stellt Ferndiagnosen und ist sich sicher, dass einer, dem der spannende Film „zu Kopf gestiegen ist“ bestimmt Fieber habe. „So ein Quatsch!“ kommentiert dieser.
Alle anderen, denen der „Arzt“ ein schlechtes Aussehen diagnostiziert, ziehen grimmige Gesichter. Niemand öffnet den Mund und zeigt freiwillig seine Mandeln. Die Bande will einfach nur in Ruhe gelassen werden.
Nun ist Popow frustriert. Da sich partout keiner der Hunde von ihm untersuchen lassen möchte, sitzt er traurig in der Zimmerecke und genehmigt sich selbst ein Schlückchen seiner „Medizin“, die er in der Tasche seines Arztkittels bei sich trägt. In diesem ,Moment werden seine Freunde auf ihn und sein rotes, scheinbar schmackhaftes, süßes Gebräu aufmerksam. Vielleicht ist das Kranksein doch nicht so schlecht?
Eine wunderbare, neue Geschichte der Bande, die einem im Laufe der Jahre richtig ans Herz gewachsen ist. Erneut gelingt es der Autorin jedem einzelnen Tier einen unverwechselbaren Charakter zu verleihen.
In diesen Büchern braucht es nicht viel Drumherum. Immer auf den Punkt textet de Monfreid mit pointierten Kommentaren.
So funktionieren Hundegeschichten im Comicstil!
Anja Kuypers
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Doktor Popow
Dorothée de Monfreid
Reprodukt Verlag, 2021
Comic
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3956402869
14 €
„Kleine Schneeflocke“ von Benji Davies, Aladin Verlag (2021)
Die feinfühlige Weihnachtsgeschichte beginnt mit einem Vorwort von Sir Francis Bacon:
„Wir haben nur diesen einen Augenblick, strahlend wie ein Stern in unserer Hand und dahinschmelzend wie eine Schneeflocke....“
In auktorialer Erzählweise lässt der Autor die LeserInnen an zwei parallel verlaufenden Geschichten teilhaben, die sich zum Ende des Buches begegnen.
Da gibt es die tanzende, kleine, junge Schneeflocke, die hoch oben in den Wolken wohnt und eigentlich gar nicht zu Boden fallen möchte. Vom Wind getragen, schwebt sie oberhalb einer Stadt und schaut sie sich von oben an.
Dort leben Noelle und ihr Opi, die sich gerade auf einem winterlichen Spaziergang befinden. „Vielleicht wird es heute Abend schneien, dachte sie.“
Das Mädchen liebt die vorweihnachtliche Stimmung und kann das Schmücken des Hauses gar nicht abwarten. So nimmt sie spontan einen Tannenzweig mit nach Hause, der achtlos am Straßenrand liegt. Gemeinsam mit ihrem Opi dekoriert sie den Zweig mit Selbstgebasteltem auf. Doch am Ende fehlt ein Stern auf der Spitze des Zweiges, den sie auf dem äußeren Fensterbrett ihres Zimmers platziert. Währenddessen fällt die Flocke weiter gen Erdboden.....
Das Buch vermittelt eine Vorfreude auf die kalte Jahreszeit, auf ein heimeliges, wohliges Miteinander, wenn es draußen stürmt und der Blick auf die vom Schnee bedeckten Landschaften fällt. Einfach hygge!
Die Geschichte lässt sich in der Literaturpädagogik hervorragend kreativ einsetzen und anwenden.
Winter-Weihnachtszeit - sehr fein und fühlig!
Anja Kuypers
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Kleine Schneeflocke
Benji Davies
Aladin Verlag (2021)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3848901968
15 €
„Ein Ort für meine Traurigkeit“ von Anne Both, Gabriel Verlag (2021)
Auch der dunkelste Wald kann mit Lichtern, bunten Fahnenketten und lustigen Fotos aufgehellt werden. So dargestellt auf der vorderen und hinteren Umschlagseite des prächtigen Bilderbuches.
Ein nicht näher beschriebener Mensch erhält eines Tages „Besuch“ von der Traurigkeit, in Form eines personalisierten „Wollknäuels“ mit Armen und Beinen in kühlen, eisblauen Farben. Es lächelt nie, trägt aber ein kleines, unscheinbares, rotes Herz in sich.
Die Traurigkeit schleicht sich zunächst von hinten an den Menschen heran und bittet um einen Ort, wo es sich niederlassen kann. Der Mensch heißt sie herzlich willkommen und bietet ihr einen Platz zum Wohnen bei sich an. Der Traurigkeit wird also Raum gegeben. Sie darf einfach sein.
Und das ist auch gut so. Vor allem gesund. Für alle.
Die Traurigkeit darf in ihrer Unterkunft selber entscheiden, ob die Vorhänge ihrer Behausung offen oder geschlossen sind. Je nach Stimmung und Lebenslage.
„Die Traurigkeit darf aber auch im Dunkeln sitzen, wenn sie mag. Einfach so, wie ihr gerade zumute ist.“
Die Inspiration für dieses Buch, das im Original aus England stammt, erhielt die Autorin von einer jüdische Niederländerin, die während des zweiten Weltkrieges 1943 im KZ verstarb. Vor ihrem Tod machte sie dneutlich, wie wichtig das Zulassen von Trauer ist. Nur auf diese Weise, kann sie nachhaltig verarbeitet werden.
Ein Buch über die Bedeutsamkeit der Trauerverarbeitung. Trauer gehört zum Leben dazu. Auch wenn sie noch so tragisch und schwer ist....
In der Geschichte wird diese Botschaft mittels vieler Vergleiche und Metaphern anschaulich illustriert und kindgerecht dargestellt.
Anja Kuypers
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Ein Ort für meine Traurigkeit
Anne Both
Illustrationen von David Litchfield
Gabriel Verlag (2021)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3522305976
15 €
„Argos – Die Geschichte von Odysseus` treuem Freund“ von Isabelle Wlodarczyk, Knesebeck Verlag (2021)
Durch dieses Buch können besonders jüngere LeserInnen bestens an die interessante, griechische Mythologie herangeführt werden, ohne das es langweilig oder angestaubt wirkt.
Erzählt aus der Ich-Perspektive des Hundes Argos, wird die Geschichte von Odysseus beschrieben und passend illustriert.
Der treue Weggefährte des griechischen, groß gewachsenen Helden lebt zufrieden und glücklich mit seiner Frau Penelopé sowie dem gemeinsamen, jungen Sohn Telemachos auf der Insel Ithala. Odysseus und Argos sind beste Freunde. Das Vertrauen zwischen Mensch und Tier könnte kaum größer sein. Als der Krieg ausbricht, wird Odysseus einberufen. Noch bevor er seine Familie zurücklassen muss, beauftragt er Argos, Telemachos zu beschützen.
Trotz der Sehnsucht nach seinem Herrchen, erfüllt er dessen Wunsch und nimmt sich des kleinen Jungen an. Wie wunderbar wäre es, wenn Odysseus zu seinem Sohn und Hund zurückkehren könnte. Telemachos und Argos sitzen täglich am Strand und schauen erwartungsvoll auf das offene Meer, verbunden mit der Hoffnung, sein Schiff möge am Horizont auftauchen.
Telemachos hält es eines Tages nicht mehr aus und macht sich selber auf die Suche nach seinem Vater. Der Hund bleibt, bereits altersgeschwächt zurück, kümmert sich um Penelopé und hält weiterhin täglich Ausschau nach den Kriegsrückkehrern.
Es rührt zu Tränen, wenn Odysseus nach zahlreichen Irrfahrten und nach über zehn Jahren zu seiner Insel und Familie zurückkehrt. Der alte Hund erwartet ihn und kann nun endlich loslassen...
Diese aufopfernde, grenzenlose Liebe zwischen Mensch und Tier wird hier bestens dargestellt und gekonnt in Szene gesetzt.
Eine geschickte Idee, die Vermittlung von geschichtlichem Wissen mit einer Geschichte, erzählt aus der Sicht eines Tieres zu verknüpfen.
Die verwendeten Illustrationen orientieren sich in weiten Teilen an damaligen Malereien.
Ein gelungenes Buch, das gerne empfohlen wird.
Anja Kuypers
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Argos – Die Geschichte von Odysseus` treuem Freund
Isabelle Wlodarczyk
Illustrationen von Alice Beniero
Knesebeck Verlag (2021)
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3957285270
14 €
„Aus heiterem Himmel“ von Jon Klassen, NordSüd Verlag (2021)
Der zurecht mehrfach prämierte kanadische Autor Klassen brilliert erneut mit diesem neuen Bilderbuch.
Es erzählt die Geschichte von einer Schildkröte mit Hut, die ihren Lieblingsplatz an einer einzigen Blume ohne Blätter, dafür mit roter Blüte gefunden hat. Inmitten einer kargen Landschaft mit Wüstencharakter ist dieses Pflänzchen tatsächlich eine Ausnahme und verleiht der Umgegend etwas Farbe. Es wundert also nicht, dass die Kröte sich diesen Platz ausgesucht hat.
Unweit von ihr hat es sich ein Nager, ebenfalls mit Hut auf dem Kopf, an einem einzelnen Pflanzenstängel bequem gemacht und nennt diesen Platz seinen absoluten Lieblingsort.
Aber welches ist denn nun der bessere Ort? Die beiden tierischen Protagonisten tauschen sich über die Vor- und Nachteile aus und testen abwechselnd die jeweiligen ausgelobten Örtlichkeiten.
Der Nager kommentiert an Schildkrötes Blume: „Ich habe ein ungutes Gefühl, ehrlich gesagt.“
Und zwar zurecht. Denn der aufmerksame Leser ist schlauer, als die HandlungsteilnehmerInnen.
So stellt der Autor direkt zu Beginn der Geschichte den vom Himmel herabstürzenden Felsen dar.....
Eine Schlange mit Käppi ergänzt die Gruppe, und alle drei beginnen über die Zukunft zu philosophieren.
Klassen gelingt – wie immer – eine wunderbar, entspannte Darstellung der Szenerie mit jeder Menge Humor und einer unerwarteten Wendung.
In den fünf Kapiteln des kurzweiligen Bilderbuches sind die Redebeiträge der Handlungsteilnehmer in unterschiedlichen Farben dargestellt – dialogisches Lesen bietet sich an.
Zudem spielt der Autor mit Schriftgrößen und -arten, sodass der jeweilige Erzählton bestens abzulesen ist.
Hier ist der Himmel wirklich heiter!
Anja Kuypers
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Aus heiterem Himmel
Jon Klassen
NordSüd Verlag (2021)
gebunden, 96 Seiten
ISBN 978-3314105739
18 €
„Entenblau“ von Lilia, Mixtvision Verlag (2021)
Das Buch ist eine wahre Farbverschmelzung von Blau und Weiß.
Es beginnt mit der Darstellung einer Szene, in der ein großes Krokodil eine kleine Ente behutsam im Arm hält, und gemeinsam schauen sie in die Ferne.
„Vor vielen Jahren sind sich die Ente und das Krokodil hier zum ersten Mal begegnet. Der blaue Teich ist ein Ort der Erinnerung.“
In der nun folgenden Rückblende wird die Geschichte vom gemeinsamen Lebensweg der beiden erzählt. Es beginnt vor Jahren, als die Ente das kleine, allein gelassene Krokodil von einem Felsen im blauen Teich rettet. Sie kümmert sich fortan um das Tierbaby und bringt ihm alles bei, was es wissen muss.
Die Zeit vergeht, und beide werden älter. Das Krokodil wächst schnell herein, und die „Erinnerungen der blauen Ente verblassen.“ nach und nach.
Liebevoll kümmert sich nun das Krokodil um sie. Mit einer Selbstverständlichkeit übernimmt nun das Reptil die Pflege des Vogels.
So wie einst die Ente im blauen Teich auf dem Rücken schwimmend das Krokodil auf dem Bauch an das Wasser gewöhnte, trägt nun das Krokodil die Ente sanft durch den Teich und erinnert an vergangene Zeiten.
Ein schönes Bild, dass sich in anderem Kontext wiederholt.
Ein Sinnbild für bedingungslose Liebe und grenzenloses Vertrauen in einer Welt des Vergessens.
Mit ausdrucksstarken Zeichnungen in dieser Zwei-Farben-Welt gelingt der koreanischen Autorin und Illustratorin eine pointierte, liebevolle Hommage an den Verlauf des Lebens.
Sie spielt mit Gegensätzen und schreibt dem blauen Teich eine Verbinder-Rolle zu. Sehr gelungen.
Anja Kuypers
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Entenblau
Lilia
Mixtvision Verlag (2021)
gebunden, 46 Seiten
ISBN 978-3958541788
15 €
„Ich bin wie der Fluss“ von Jordan Scott, Aladin Verlag (2021)
Flüsse fließen nicht immer ruhig oder gerade daher. Steine im Flussbett, umgeknickte Baumstämme vom Wegesrand oder kleinere Untiefen können die Laufgeschwindigkeit sowie die Fließrichtung beeinflussen.
Dieses wunderbaren Bildes bedient sich der Autor in diesem künstlerisch illustrierten Bilderbuch und thematisiert das Stottern.
Er war und ist selber von der Sprachbeeinträchtigung betroffen, worüber er in in einem persönlichen Wort zum Ende des Buches berichtet.
Die Kreation dieser Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit.
In diesem Buch skizziert er einen kleinen Jungen und erzählt in der Ich-Perspektive desselben von den Erlebnissen eines einzigen Tages.
„Wenn ich aufwache, dann höre ich den Klang von Wörtern. Aber ich kann sie nicht sagen.“, Deshalb bleibt er lieber „stumm wie ein Stein“ und verkriecht sich in der Schule aus Angst, er müsse etwas sagen.
Teils poetische Texte begleiten die beeindruckenden Illustrationen und geben ihnen noch mehr Ausdruck. Der Text lebt von Vergleichen und Metaphern sowie Personalisierungen.
Die Sprache steckt in dem Jungen fest. Dabei würde er sie so gerne frei lassen und den Klang der Wörter nicht nur in sich spüren, sondern tatsächlich hören können.
Der einfühlsame Vater des Jungen kennt seinen Sohn ganz genau. Er weiß, wann es wieder Zeit ist, an den Fluss zu fahren. Mit Bedacht und Vorsicht nimmt er seinen Sohn in den Arm und beginnt zu erzählen....
Es ist nicht immer leicht, im Leben den passenden Ton und das richtige Wort zu finden.
Dem Autor gelingt eine äußerst sensible Auseinandersetzung rund um das Stottern und seinen Begleitsymptomen.
Ein Gesamtkunstwerk über Vertrauen und Mut und eine wunderbare Vater-Sohn-Beziehung.
Anja Kuypers
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Ich bin wie der Fluss
Jordan Scott
Illustrationen von Sydney Smith
Aladin Verlag (2021)
gebunden, 44 Seiten
ISBN 978-3-8489-0197-5
18 €
„Balto und Togo – Dramatische Rettung in Eis und Schnee“ von Lena Zeise, Gerstenberg Verlag (2021)
Die Geschichte ist wahr und handelt von einem außergewöhnlichen Hundeschlitten-Rennen, in dem jede Minute zählt.
Die im äußersten Westen Alaskas gelegene Kleinstadt Nome wurde eigens wegen der damaligen Goldgräberflut 1901 gegründet.
„Kaum einer wusste um die harten Bedingungen, die hier im Winter herrschten. Ohne den Goldrausch wäre wohl kein Mensch auf die Idee gekommen, eine Stadt an dieser entlegenen Küstenregion zu bauen. Ein Ort, der mehr als sieben Monate im Jahr vom Eis eingeschlossen war, mit tagelangen Schneestürmen und berechenbaren Gezeiten.“
Jedes Jahr, kurz vor dem Wintereinbruch gibt es „ein letztes Schiff“, das Nome mit wichtigen Waren für die kalte Jahreszeit versorgt. Danach sind die Einwohner bis zum darauffolgenden Frühjahr auf sich alleine gestellt.
Ohne die Schlittenhunde-Gespanne wäre damals ein Überleben vor Ort schier unmöglich gewesen.
„Fast jeder Einwohner der Stadt besaß ein eigenes Hundegespann.“
Anfang des Jahres 1925 bricht in Nome Diphterie aus. Um die Krankheit, die sich pandemieartig ausbreiten kann, in den Griff zu bekommen, braucht es ein Gegengift aus der Großstadt.
Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, und dort, wo die Technik an ihre Grenzen kommt, setzt man auf die Muskelkraft der Schlittenhunde. Sie vollbringen enorme Leistungen, wenn sie trotz unendlicher Eiswüsten und nicht enden wollender Schneestürme die zugewehte Wegstrecke erschnüffeln.
Dank der legendären Gespanne kann das nötige Gegengift in die entlegene Gegend Alaskas gebracht und somit hunderte Menschenleben gerettet werden.
Besonders eines der Gespanne für die letzte Etappe mit ihrem Leithund Balto machte Furore.
Ein überaus gelungener Ausflug in längst vergangene Zeiten in Form eines Sachbuches mit Romancharakter.
Die LeserInnen erhalten einen sehr guten Eindruck der damaligen Lebensumstände.
Auf den Umschlagseiten wird die zurückgelegte Strecke bis Nome abgebildet, und man gewinnt einen Eindruck von dem enormen Aufwand für Mensch und Tier.
Jede Illustration, sei es farbig oder schwarz/weiß, gleicht einem Kunstwerk und gibt dem Buch noch einmal mehr Wert auf dem Weg zum echten Schatz.
Anja Kuypers
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Balto und Togo
Lena Zeise
Gerstenberg Verlag (2021)
Bilderbuch
gebunden, 40 Seiten
ISBN 978-3836960700
22 €
„Kein Bett in der Nacht“ von Maria Inés Almeida, Knesebeck Verlag (2021)
Der Originaltitel des bereits 2019 erschienenen, portugiesischen Buches „Sem Abrigo“ bedeutet Obdachlose.
Das Buch beginnt mit einer kurzen Erläuterung, was Obdachlose eigentlich sind:
„Obdachlose sind Menschen, die aus finanziellen und/oder sozialen Gründen keinen festen Wohnsitz haben und deshalb auf der Straße oder in einem improvisierten Unterschlupf leben.“
Gemeinsam mit ihrem Sohn verfasst die Autorin den Text in der Ich-Perspektive eines kleinen Jungen, der erstmalig Menschen ohne ein Zuhause wahrnimmt.
Die Obdachlosen tragen ihr Haus immer mit sich, immer in ihren Herzen.
Die Illustrationen greifen die Gegensätze der Lebensumstände unterschiedlicher Menschen wunderbar auf. Wenn es regnet, ist manch einer geschützt, andere nicht....
Über die Jahre erwächst aus der kindlichen Naivität des Jungen der Drang nach Wissen.
Warum leben die Menschen eigentlich auf der Straße? Nach und nach erfährt er die Gründe manch Betroffener, und es entstehen Beziehungen zu Obdachlosen in seiner Stadt.
Der Junge beginnt sich für die Menschen einzusetzen, spendet Kleidung und ist bemüht, deren Wünsche zu erfüllen. Jeder Mensch sollte ein Zuhause haben.
Die Umschlagseiten des Buches, das fast gänzlich ohne wörtliche Rede auskommt, zieren zahlreiche Abbildungen von Häusern.
Wie kann es sein, dass manche Menschen traurig sind, obwohl sie ein Haus haben?
Sein Unverständnis erdet die LeserInnen und regt zum Nachdenken an.
Ein Buch, das still aufzeigt, wie wertvoll eine Unterkunft sein kann.
ZUFRIEDENHEIT lautet eines der Motive, die das Bilderbuch wunderbar thematisiert.
Anja Kuypers
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Kein Bett in der Nacht
Maria Inés Almeida
Illustrationen von Cátia Vidinhas
Knesebeck Verlag (2021)
Bilderbuch
gebunden, 32 Seiten
ISBN 978-3957284877
14 €
„Die Tode meiner Mutter“ von Carla Haslbauer, NordSüd Verlag (2021)
Mit Blick auf den Titel des Buches, verheißt der Inhalt pure Dramatik. Tatsächlich entpuppt sich die Geschichte als harmloser, künstlerischer Spaß. Denn die Mutter der jungen, namenlosen Ich-Erzählerin ist Schauspielerin und Opernsängerin, die auf der Bühne des Öfteren die Sterbende mimen muss.
Auch zu Hause schlüpft die imposante, große Dame zuweilen in Rollen. Mal ist sie die liebe Mutter, die ihren Kindern das Verkleiden im elterlichen Schlafzimmer erlaubt, mal ist die böse Mutter, die auch Verbote ausspricht.
Eine Geschichte aus dem Leben einer Theaterfamilie. Aber wie in jedem anderen Beruf sind auch hier die Grenzen zwischen Beruf und Familie nicht immer klar trennbar, und es bleibt schwierig, beides miteinander zu kombinieren.
Es gibt Tage, an denen der besorgte Nachbar klingelt und wissen will, woher die kreischenden Töne stammen. „Geht es Ihnen gut? Sie haben so geschrien.“ Dabei war es nur die Mutter, die bei einem entspannten Bad die Tonleitern geübt hat.
Das Buch punktet mit einigen Schmunzel-Momenten. Diese hält die Tochter gerne malerisch fest.
Die Kinder dürfen ihren Vater ins Theater begleiten, und die Mutter überzeugt stets in ihren Rollen. “Es sieht auch immer sehr echt aus.“,
In Summe hat die Geschichte mehr zu bieten, als nur die Erzählung über eine Mutter als Opernsängerin aus Sicht ihrer kleinen Tochter. Es ist der Drahtseilakt in der Vereinbarung von Job und Familie. Der aufgeklappte Einband des Buches gibt es illustratorisch sehr gut wieder.
Eine wunderbar bebildertes Buch mit eingearbeiteten Ausflügen in die Comicwelt.
Dramatisch inszenierte Illustrationen, die auf der Folgeseite wieder herrlich normal aussehen können.
Die Tode meiner Mutter, die glücklicherweise gar keine sind, sondern nur gespielt werden.
Anja Kuypers
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Die Tode meiner Mutter
Carla Haslbauer
Illustrationen von Carla Haslbauer
NordSüd Verlag (2021)
Bilderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3314105616
15 €
„Julian feiert die Liebe“ von Jessica Love, Knesebeck Verlag (2021)
Im vergangenen Jahr feierte die Autorin mit „Julian ist eine Meerjungfrau“ Premiere. Dieses herzerwärmende Bilderbuch über bedingungslose Akzeptanz war ein großer Erfolg.
Mittlerweile ist Julian älter geworden, und wieder ist er mit seiner Großmutter unterwegs.
In diesem Anschlussband sind die beiden zu einer Hochzeit mit zwei Bräuten eingeladen und treffen vor Ort auf Omas Freundin mit ihrer Enkelin Marisol. Die beiden Kinder streuen Blumen auf dem Weg zum Altar und kreieren im Laufe des Tages ihr eigenes „Feenschloss“.
Denn: „Eine Hochzeit ist ein Fest für die Liebe.“
Wieder einmal werden sämtliche Stereotype verworfen. Es gibt keine klassische Rollenverteilung. So tobt Marisol mit Hund Gloria gerne im Matsch, während Julian kreativ ist und sich um die Kleidung für die nachgestellte Hochzeitsszenerie kümmert. Alles ist gut, so wie es ist.
Und wieder einmal sind es die Großmütter, die ihre Enkel so annehmen, wie sie sind. Sie tolerieren ihr Tun und unterstützen sie sogar dabei.
Die ausnahmslos dunkelhäutigen Handlungsteilnehmer*innen sind nur ein Indiz von vielen für die ausgeprägte Vielfalt in diesem Bilderbuch.
Die Umschlagseiten des Buches werden wunderbar in die Geschichte integriert, die sehr bunt und im besten karibischen Style illustriert ist.
Individualität as its best!
Anja Kuypers
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Julian feiert die Liebe
Jessica Love
Knesebeck Verlag (2021)
Bilderbuch
broschiert, 32 Seiten
ISBN 978-3957284716
13 €
„Tief im Ozean“ von John Hare, Moritz Verlag (2021)
Mit dem wunderbaren, textlosen Buch „Ausflug zum Mond“ hat John Hare bereits im letzten Jahr eine Benchmark gesetzt.
Mit diesem neuen Titel knüpft er, wenn auch bedingt an die erste Geschichte an.
Wieder einmal unternimmt ein engagierter Lehrer mit seiner Schülerschar einen besonderen Ausflug. Statt zum Mond bringt es die Kinder diesmal auf den Boden des Meeres.
Zunächst landet die Gruppe mit dem bekannten Raumgleiter vom Mondausflug auf einer futuristischen Plattform, bevor sie von dort in ein quietschgelbes U-Boot steigen und abtauchen.
Wer genau hinsieht, erkennt beim Einsteigen den Jungen aus der Klasse, der den Ausflug zum Mond unvergesslich gemacht hat. Er trägt wieder seine Malutensilien mit sich.
Die Gruppe ankert und geht auf dem Meeresboden spazieren.
Während die meisten Kinder den begleitenden Worten des Lehrers lauschen, kommt erneut ein Schüler abhanden. Es ist ein kleiner, neugieriger und mit einer Unterwasserkamera ausgestatteter Junge, der auf der Suche nach dem richtigen Motiv ist. Dabei stößt er auf eine geheimnisvolle, versunkene Stadt, die Atlantis nicht ähnlicher sehen könnte und in der er sich verläuft.
Erfolglos versucht er mit einer wasserfesten Taschenlampe Lichtsignale zum Rest der Gruppe zu senden. Vergeblich. Riesenasseln nehmen sich seiner an und kuscheln mit ihm, spenden ihm Trost. Plötzlich wird die tristgrau dargestellte Unterwasserwelt von einem orangefarbenenen Meeresungetüm eingenommen, das am Ende gar nicht ungeheuerlich ist.
Das Abenteuer nimmt seinen Lauf... Ob sich auch in dieser Geschichte der Lehrer an den vermissten Schüler erinnern und ihn wieder einsammeln wird?
Aus den Ähnlichkeiten der beiden Bücher wird kein Geheimnis gemacht. Die Rahmenhandlungen sind durchaus vergleichbar.
Die englischen Titel „Field Trip to the Moon“ (Ausflug zum Mond) und „Field Trip to the ocean deep“ (Tief im Ozean) sind von Beginn konkreter und weisen gezielt darauf hin.
Aber dank der erneut vielen Erzählanlässe zu den wunderbaren Illustrationen des nahezu textlosen Buches, wird es einfach nie langweilig werden.
Es darf gerne mehr Schulausflüge dieser Art geben.
Anja Kuypers
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Tief im Ozean
John Hare
Moritz Verlag (2021)
Kinderbuch
gebunden, 48 Seiten
ISBN 978-3895654053
14 €